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Der Farbraum in der Theorie

Die meisten unter uns haben sicherlich schon einmal die Begriffe Adobe-RGB, sRGB oder Rec. 709 gehört. Diese Namen beschreiben allesamt typische Farbräume aus den Bereichen Foto, Film, TV. Was steckt dahinter? 

Zuerst die Theorie zum Thema "Farbraum"

Internet Presse CIE Diagramm kalibriert 15 Std.

Im Prinzip gibt es unendlich viele Farbräume, die durch die Koordinaten der Primärfarben (Rot, Grün, Blau), den Weißpunkt (Maximalhelligkeit) und den Helligkeitsverlauf (Gradation/Gamma) bestimmt werden.

Die meisten unter uns haben sicherlich schon mal die Begriffe Adobe-RGB, sRGB oder Rec. 709 gehört. Diese Namen beschreiben allesamt typische Farbräume aus den Bereichen Foto, Film, TV.

 Internet Presse Wellenlängen
Auf der Grafik wird deutlich, wie klein das Spektrum ist, das ein Mensch sehen kann.

Die sechs Symbole oben beschreiben die Wellenlängenbereiche von Radioaktivität, Röntgenstrahlen, Ultraviolett, sichtbares Lichtspektrum des Menschen, Infrarot und Radiowellen (von links nach rechts).

Die Begriffe Lichtspektrum und Farbspektrum beschreiben dasselbe.

Das Lichtspektrum reicht von Ultraviolett bis Infrarot. Die Wellenlängen dieser Spektralfarben werden in Nanometer (nm) gemessen. Vom kompletten Lichtspektrum kann das menschliche Auge nur einen kleinen Bereich sehen. Dieser Frequenzbereich beträgt etwa 380 nm (Violett) bis 780 nm (Rot).

Die Film/TV-Industrie hat schon früh erkannt, dass es Sinn macht, nur Farben in einem Film darzustellen, die der Mensch auch sehen kann.

Auf diese Weise kann bei TV-Übertragungen Bandbreite und auf dem Trägermaterial z.B. von 35mm Film, VHS, DVD, Blu-ray „Speicherplatz“ eingespart werden.

 

Farben sind keine Geschmacksache!

Aus diesem Grund wurden verbindliche Standards für die Industrie eingeführt. Das Ziel ist es, dass die verschiedenen Produktionsprozesse dieselben Farbmischungen verwenden, die als Standard definiert sind. An diese Standards halten sich alle am Film beteiligten Personen und Unternehmen - vom Kameramann, der Postproduktion, dem Kopierwerk bis hin zum Kino und der TV-Sendeanstalt. Am Ende soll der Zuschauer das Werk so zu sehen bekommen, wie es sich der Filmemacher vorgestellt hat.

Die internationale Beleuchtungskommission CIE (Commission Internationale de l'Éclairage) wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet. Der Hauptsitz der Organisation befindet sich in Wien. CIE wird von der internationalen Standardisierungskörperschaft ISO (International Organization for Standardization) anerkannt und beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Entwicklung des XYZ-Farbraums.

Bereits 1931 wurde von CIE ein Farbraummodell geschaffen, das alle Farben enthält, die vom gesunden menschlichen Auge gesehen werden können. Dieser CIE-XYZ Farbraum beruht weitgehend auf dem technischen Wissen der 1920er Jahre von W. David Wright und John Guild – und er wird bis heute als Messfarbraum genutzt.

XYZ umspannen dabei den Farbraum. X steht als Rot-, Y als Grün- und Z als Blauvalenz*. Dabei betragen die Wellenlängen cirka:

-        Rot 630 – 780 nm

-        Grün 480 – 560 nm

-        Blau 420 – 480 nm

Sogar Violett ist hier darstellbar mit etwa 380 – 420 nm.

 

*Die Farbvalenz (z.B. Blauvalenz) beschreibt die Fähigkeit, Licht in Abhängigkeit von der Wellenlänge unterschiedlich wahrzunehmen. Dadurch können verschiedene spektrale Mischungen zum gleichen Farbeindruck (Farbreiz) führen. Aus diesem Grund kann die Zusammensetzung des Farbspektrums nicht allein aus der wahrgenommenen Farbe erschlossen werden.

Internet Presse CIE Farbräume

Auf dem Diagramm ist gut zu erkennen, dass nur die drei Farbräume CIE-XYZ, CIE-RGB und Wide Gamut RGB das Farbspektrum in Richtung Violett und Rot nahezu vollständig ausschöpfen.

Die Farbräume Adobe RGB, PAL/SECAM und sRGB können Farben unterhalb von 460 nm und über 610 nm nicht mehr darstellen.

 

Der Farbraum:

Ein Farbraum baut in der Regel auf 3 Primärfarben auf. Meistens stellen diese die Eckpunkte des gewünschten Farbraums dar. Dafür werden sie an exakt festgelegten Orten positioniert, die sich innerhalb des sichtbaren Lichtspektrums befinden.

Die Primärfarben sind die Ausgangsfarben (Grundfarben) eines Farbmischprozesses. Für die additive Mischung sind diese Farben Rot, Grün und Blau. Aus diesen 3 Farben (RGB) lassen sich nahezu alle beliebigen Farben mischen. Werden Rot, Grün und Blau in gleicher Helligkeit (plus maximale Sättigung) gemischt, entsteht 100 % Weiß.

Als Sekundärfarben werden Mischungen aus zwei Primärfarben bezeichnet. So ergeben Rot + Grün = Gelb. Cyan entsteht aus Blau + Grün. Magenta entsteht aus Rot + Blau.

Die Wertebereiche für Farbeindrücke von Rot, Grün und Blau und Graustufen (Unbuntfarben) können unterschiedlich festgelegt werden. Üblicherweise liegen diese Werte zwischen 0 % und 100 %.

Da die Helligkeitswahrnehmung des Menschen nichtlinear ist, verläuft auch die Gammafunktion nicht linear sondern in Form einer ansteigenden Kurve. Auf diese Weise wirkt der Helligkeitsverlauf von Schwarz zu Weiß (Graustufenverlauf, z.B. eine Grautreppe) subjektiv gleichmäßig. Die Gammakurve beschreibt den Helligkeitsanstieg zwischen 0 % (Schwarz) und 100 % (Weiß) in Prozent. Als Berechnungsgrundlage dient 100 % Weiß (100 IRE).

Das Weiß liegt an einem exakt definierten Ort innerhalb des Farbraums. Die Koordinaten sind x = 0,3127 und y = 0,3291 (siehe obiges Diagramm). Dieser Farbort wird auch als Weißpunkt oder D65 bezeichnet.

 

Verschiedene Farbräume:

Je nach Farbort kann eine Primärfarbe eine andere Tonalität besitzen. Wird beispielsweise Grün in Richtung Rot verschoben, kann das Grün deutlich gelber erscheinen, weil rote Spektralanteile ins grüne Farbspektrum gemischt werden. Dadurch ändert sich jede andere Mischfarbe in die grüne Spektralanteile gemischt sind.

Wird die Maximalhelligkeit oder die Sättigung von Grün verändert, hat dies ebenfalls Auswirkungen auf alle grünen Farbmischprozesse.

Da unterschiedliche Farbräume (z.B. Adobe RGB und sRGB) unterschiedliche Koordinaten für die Primärfarben ausweisen, werden Farben vom selben Quellmaterial in den jeweiligen Farbräumen unterschiedlich aussehen.

Pauschal kann festgehalten werden, je größer ein Farbraum ist, desto kräftiger/gesättigter/bunter können Farben erscheinen.

Probleme ergeben sich selten, wenn Quellmaterial aus einem kleineren Farbraum in einem größeren Farbraum abgebildet wird, weil der größere Farbraum die vorhanden Spektralanteile vollumfänglich darstellen kann.

Umgekehrt treten immer wieder erhebliche Probleme auf, wenn Quellmaterial aus einem großen Farbraum in einen kleineren Farbraum konvertiert wird. Der kleinere Farbraum hat im Vergleich ein kleineres Farbspektrum. Farben, die außerhalb des Farbraums liegen, können nicht dargestellt werden. Die Folgen sind oftmals deutlich sichtbare „Falschfarben“, blasse Hauttöne und unnatürliche wirkende Landschaftsaufnahmen.

Das CMYK-Farbmodell stellt einen Sonderfall dar. Hier bilden Cyan, Magenta, Yellow und Schwarz (Kontrast) die Grundfarben. CMYK wird vornehmlich im Offset/Digital/Siebruck eingesetzt. Im Gegensatz zur Additiven Lichtfarbmischung (Rot + Grün + Blau = Weiß) wird im Vierfarbdruck subtrahiert.

Ausgehend vom (meist) weißen Trägermaterial (Papier) wird der Druck umso dunkler, je mehr Farbe aufgetragen wird.

Der relativ „eckige“ CMYK-Farbraum (siehe oben im Diagramm) weicht sowohl vom RGB-Farbraum als auch vom HDTV-Farbraum sichtbar ab. So wird beispielsweise Blau nicht in dem Umfang dargestellt, wie es im RGB-Farbraum beispielsweise der Fall ist.

 

Probleme bei der Farbraumkonvertierung:

An dieser Stelle ein Beispiel aus der Praxis. Für die Firma Bahlsen sollte ich eine Keksdose fotografieren. Um ein möglichst großes Farbspektrum während der Fotoaufnahme abzudecken, nutze ich den Farbraum Adobe RGB 1998.

Das Ergebnis der Fotoaufnahme erfüllt die Ansprüche des Kunden. Die Farben der Keksdose sehen auf der Fotoaufnahme identisch aus.

Nun soll das Bild für verschiedene Werbezwecke genutzt werden. Das beinhaltet Werbung in Online- und Printmedien.

Für die Onlinemedien veränderte sich an der Farbdarstellung nichts, weil in aller Regel der Farbraum Adobe RGB 1998 auf Computermonitoren dargestellt werden kann. Selbst der kleinere Farbraum sRGB stellt die Blaufarbtöne auf der Keksdose ohne nennenswert sichtbare Farbabweichungen dar. Das liegt daran, weil sRGB das Blauspektrum in ähnlichem Umfang abbilden kann wie Adobe RGB.

Darüber hinaus sollen nun diverse Werbemittel gedruckt werden. Das sind u.a. Verkaufsaufsteller, Karten für ein Preisausschreiben, Verpackungsmaterialien, die allesamt die Keksdose abbilden sollen. Um die Original-Fotoaufnahme im Offset drucken zu können, muss der Farbraum Adobe RGB in den Farbraum CMYK konvertiert werden. Diese Konvertierung führte im Ergebnis zu massiven Farbveränderungen. Der Glanz auf der Keksdose ist nicht mehr vorhanden, auch der dezente Farbverlauf im Blau existiert nicht mehr. Insgesamt sehen die Farben nun falsch aus – sie entsprechen nicht mehr den Originalfarbmischungen.

Eine originalgetreue Farbmischung ist in diesem Fall nicht möglich, weil die dargestellten Blaufarbtöne außerhalb des CMYK-Farbraums liegen.

Wir erinnern uns: Es können keine Farben dargestellt werden, die außerhalb des Farbraummodells liegen.

 

Der Auftraggeber hat nun zwei Möglichkeiten:

  1. Er belässt es dabei und druckt die Keksdose auf die Werbemittel, so wie sie dargestellt wird.
  2. Er fügt eine „Sonderfarbe“ hinzu.

Zu 2.

Ein großer Vorteil des Offsetdrucks liegt darin, dass neben den 4 Grundfarben (Cyan, Magenta, Yellow und Schwarz) noch zusätzliche Farben eingesetzt werden können. Zum Beispiel glänzendes Gold oder Silber. In unserem Fall ist es nun ein Blaufarbton, der außerhalb des Farbraums CMYK liegt. Dadurch kann die Originalfarbe der Keksdose reproduziert werden.

Internet Pressefoto Künstlerdose RGB MBR0002 kopie

Hier die Keksdose von Bahlsen im Original.

Internet Pressefoto Künstlerdose CMYK MBR0002 kopie

Hier nun die gleiche Keksdose, nachdem sie in den Farbraum CMYK konvertiert wurde. Es ist gut zu erkennen, dass die Farben nicht mehr vollumfänglich darstellt werden.

 

Warum gibt es heute überhaupt unterschiedliche Farbräume?

Im Grunde gibt es auf diese Frage 3 Antworten:

-  Unterschiedliche Farbräume werden in verschiedenen technischen Bereichen eingesetzt.

-  Technische Bedingungen haben sich in den Jahren verändert

-Politische, wirtschaftliche Interessen von Unternehmen und Interessenverbänden

 

Rec. 601

ITU-R BT 601 ist ein Standard, der heute durch die ITU (International Telecommunication Union) festlegt, wie u.a. Fernsehsignale, DVD und Video zu kodieren sind. Der hier beschriebene Farbraum wird auch REC 601 genannt. Er ist kleiner als der HDTV-Farbraum REC 709 (siehe unten).

 

Rec. 709

Seit Einführung von HDTV (High Definition Television) liegt weltweit erstmals ein einheitlicher Farbstandard vor. Dieser wird mit ITU-R BT.709 beschrieben und nennt sich REC 709.

In aller Regel sind Farbräume exakt spezifiziert. Leider trifft das auf REC 709 nicht vollumfänglich zu.

Während die Koordinaten für die Farborte exakt beschrieben sind, wird ein verbindlicher Gammaverlauf nur für die Filmaufnahme genannt – nicht aber für die Wiedergabe!

Das ist ein großes Ärgernis.

Allgemein hat sich bei TV-Herstellern, Testmagazinen, Heimkinofreunden und Händlern ein linearer Gammaverlauf von 2,2 als „Standard“ durchgesetzt. Displays werden zwischen 10 und 90 IRE exakt auf ein Gamma 2,2 kalibriert.

Beim Mastering von Filmen ergibt sich nun ein Problem. Der spezifizierte Gammaverlauf von REC 709 für die Aufnahme weicht massiv von einem realen Gamma 2,2 ab.

Sollte beim Mastering einer Blu-ray das „korrespondierende Gamma“ REC709 genutzt werden, führt dies bei der Wiedergabe zu massiv absaufenden Details in dunklen Filmszenen, wenn das Display ein Gamma 2,2 anwendet. Leider lässt sich vorab kaum sagen, welcher Film wie gemastert worden ist.

 

Internet Presse Gamma REC 709

Das Diagramm zeigt auf, dass REC 709 bei 10 IRE ein Gamma 1,6 und bei 20 IRE ein Gamma 1,8 vorsieht. Das korrespondierende Gamma erzielt zu keinem Zeitpunkt den von der Industrie und Testmagazinen genutzten Wert 2,2.

 

Nur der richtige Farbraum gewährleistet ein richtiges Bild:

Wer auf die korrekte Farbreproduktion großen Wert legt, sollte das Quellmaterial in dem jeweiligen Farbraum wiedergegeben.

Zum Beispiel:

Eine US-DVD sollte mit dem NTSC-Farbraum abgespielt werden. Eine europäische DVD sollte mit dem Farbraum REC 601 und eine Blu-ray mit dem Farbraum REC 709 wiedergegeben werden.

Dafür ist es allerdings zwingend erforderlich, dass entsprechende Einstellungen im Display möglich sind.

Die meisten TV/Projektoren verfügen heutzutage über mehrere Farbräume, die auf Wunsch ausgewählt und genutzt werden können. Oftmals verbergen sie sich hinter nichts sagende Namen wie Farbraum „Standard“ oder „Erweitert“. Im Idealfall werden diese Begriffe in der Bedienungsanleitung erklärt.

Sollte ein Display über ein vollumfängliches Farbmanagement (CMS) verfügen, können die gewünschten Farbräume auch selbst eingestellt werden. Die bereits vorhandenen Farbräume können wunschgemäß kalibriert werden.

Für diese Kalibrierung ist allerdings externes Messequipment erforderlich. Das sind ein guter Sensor und entsprechende Software.

Displays aus dem Profibereich (z.B. digitale Kinoprojektoren) sind oftmals einfacher zu bedienen. Hier brauchen meist nur die Koordinaten für die Grundfarben eingegeben zu werden.

Ohne Messequipment ist es aber praktisch unmöglich, das Ergebnis zu kontrollieren.

 

Liste von Farbräumen und ein paar Anmerkungen dazu:

  1. CIE-XYZ Farbraum
  2. CIE-RGB Farbraum
  3. NTSC (US TV-Norm)
  4. PAL (TV/DVD)
  5. SECAM
  6. sRGB (Computer/Monitor seit 1996 – aktuelle Alternative zu REC 709 im Bereich HDTV)
  7. Adobe RGB (seit 1998 internationaler Standard in der Profi-Fotografie)
  8. Wide-Gamut
  9. DCI (aktuelle Kinonorm für „Digitalen Film“)
  10. Rec. 601 alter Standard für PAL-TV, DVD, Video
  11. Rec. 709 aktueller HDTV-Standard
  12. Rec. 2020 neuer Ultra-HD Standard
  13. CMYK (Offsetdruck/Siebdruck/Digitaldruck)