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Röhre, Plasma, LCD und OLED: Zwischen diesen Entwicklungen im TV-Bereich liegen Jahrzehnte, doch die Farbdarstellung beruht immer noch auf vergleichbaren Standards. Selbst Ultra-HD-Videos werden im veralteten Farbformat gesendet. Dabei können moderne Fernseher deutlich mehr leisten als das, was aktuelle Videosignale liefern.

Spricht man über die Farbwiedergabe bei Flachbildfernsehern, trifft man in der Praxis häufig auf zwei Extreme. Vielen Konsumenten ist eine natürliche Farbdarstellung nicht wichtig, stattdessen wird das bunteste, kontrastreichste Bild bevorzugt. Auf der anderen Seite stehen die sogenannten Bildprofis, die ihren Fernseher exakt auf den Farbraum abstimmen, den die Videoquelle liefert, auch wenn diese in technologischer Hinsicht veraltet ist. Ganz egal, ob Sie sich für das poppig bunte Bild oder die unverfälschte Wiedergabe entscheiden, das Original sehen Sie in keinem Fall, denn die ursprünglichen Farbinformationen sind im Zuge der Datenspeicherung und Komprimierung verloren gegangen. Was bleibt, ist eine verlustbehaftete Kopie des Orginals und die Frage, ob Sie in der Praxis damit umgehen wollen. Eine professionelle Bildabstimmung eines Fernsehers basiert auf den zugrunde liegenden Quellen. 


Für den Heimbereich definiert der Rec.709-Standard den Farbraum, ganz egal, ob Sie Fotos, Videos oder Videospiele darstellen. Da der Rec.709-Standard viele Gemeinsamkeiten mit dem RGB-Farbraum aufweist, gelingt die Darstellung auf Fernsehern und Computermonitoren vergleichsweise einheitlich, was zugleich den Charme einer Standardisierung ausmacht: Ganz gleich, welches Wiedergabegerät genutzt wird, im Idealfall sollen alle Zuschauer ein vergleichbares Bild sehen. Dies ist insbesondere in der Spielfilmproduktion wichtig, wenn Teams rund um den Globus an einer Filmszene arbeiten und die Farben genau abgestimmt werden müssen. Allerdings deckt der Rec.709-Standard nur einen Teil der möglichen Farben ab, die in der Natur vorkommen (wenn auch den größten Teil) und insbesondere künstlich erzeugte Farben liegen oftmals außerhalb der Darstellungsreichweite.

Erschwerend kommt hinzu, dass kein Kinofilm im Rec.709-Standard erstellt wird, denn dort gilt der DCI-P3-Standard als Maßstab, der insbesondere im Rot-, Zyan-, Gelb- und Grünbereich deutlich sattere Farben ermöglicht. Damit ein Kinofilm optisch im Wohnzimmer überhaupt zu Geltung kommt, wird in einem aufwändigen Produktionsverfahren das DCI-P3-Original auf Rec.709 heruntergerechnet, damit die Darstellung zuhause nicht zu blass erscheint. Da Fernseher jahrelang nicht annähernd den Kinofarbraumstandard abdecken konnten, war diese Anpassung ein guter Kompromiss. Doch die Möglichkeiten haben sich geändert: Aktuelle TVs können weitaus mehr Farben darstellen, als es Rec.709 vorgibt. Der Lösungsansatz der TV-Hersteller: Farbräume lassen sich auf Wunsch in Echtzeit umrechnen.

Was ist das Original?

Eine Farbraumerweiterung erzeugt immer Abweichungen vom Eingangssignal und genau an diesem Punkt scheiden sich die Geister: Ist Rec.709 das gültige Original oder sollte man versuchen, mittels Farbraumerweiterung den DCI-P3-Kinofarbraum zu simulieren? Wie im Eingangsbeispiel beschrieben: Weder Rec709 noch eine Farbraumerweiterung entsprechen dem ursprünglichen Kinooriginal, die Entscheidung ist somit häufig eine Frage der persönlichen Vorliebe und der Arbeitsweise der Farbraumkonvertierung. In unseren Tests konnten wir umfangreiche Erfahrungen sammeln und waren zum Großteil sichtlich angetan: Verrichtet die Bildverarbeitung ihre Aufgabe vorbildlich, erscheinen stark gesättigte Rot-, Zyan-,  Gelb- und Grüntöne deutlich brillanter und kräftiger. Hauttöne sollten dagegen ihre ursprüngliche Intensität behalten und nicht gleichermaßen an Sättigung zulegen. Um dies zu erreichen, setzen immer mehr TV-Hersteller auf eine nichtlineare Erweiterung, d.h. nur Farben im extremen Sättigungsbereich werden neu angepasst, während Farben mit geringer Sättigung nahezu unverändert bleiben. 

 

Ein Standard, viele Möglichkeiten

Die technologische Herausforderung für TV-Hersteller liegt in der Farberzeugung: LCD-Fernseher setzen auf das Zusammenspiel von unterschiedlichen Leuchtmitteln und Farbfiltern, während OLED- und Plasmafernseher durch selbstleuchtende Pixel eine breite Farbabdeckung gewährleisten. Doch auch im LED-LCD-Segment gibt es gravierende Unterschiede: Sony führte 2013 LED-LCDs (W905, W855A, X9005A) mit Quantum-Dot-Zusatzfilter ein, um einen gigantischen Farbraum zu erzeugen. 2015 wird dieses Konzept von Samsung (SUHD-Modelle) aufgegriffen, allerdings verzichtet Samsung auf zukünftig verbotene Cadmium-Substanzen, was den Farbraum gerade im Grünbereich etwas zusammenschrumpfen lässt. Panasonic vertraut bei den Modellen mit Wide Colour Gamut auf einen Phosphorzusatzfilter und liefert aktuell den breitesten Farbraum, während Samsungs SUHD-Modelle der JS9590-Serie die brillantesten Farbtöne erzeugen. Obwohl sich nahezu alle TV-Anbieter am DCI-P3-Kinostandard orientieren, fallen die Farbräume derzeit höchst unterschiedlich aus. Es lohnt sich somit, die Farbraumerweiterungen der unterschiedlichen TV-Hersteller in der Praxis zu vergleichen, denn jede Technologie besitzt ihre ganz eigenen Vorzüge.

In langjähriger Zusammenarbeit mit der Testzeitschrift HDTV im Auerbach Verlag Leipzig

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