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Die Bewegungsunschärfe beim Fernseher

Ob LCD oder Plasma - Bewegungen darzustellen, ist das größte Problem moderner Flachbild-TVs. Die Hersteller versuchen auf verschiedene Weise, es in den Griff zu bekommen. Doch nicht jede Technologie erreicht ihr Ziel. Wir zeigen, wo die Probleme liegen – und wie sie angegangen werden.

Nicht bewegen!“, ruft Dr. Grant, als seine Gruppe in „Jurassic Park“ von Dinosauriern angegriffen wird – der Forscher ist sicher, dass die Saurier nur erkennen können, was sich bewegt. Menschen sind da weiter. Aber das Erbe der Wildnis können sie nicht ganz abschütteln: Läuft eine Maus über den Boden, sieht man unwillkürlich hin, blinkt irgendwo ein Licht, kann man es nicht ignorieren, und ein Fernseher in der dunklen Kneipe zieht alle Augen auf sich. Die Netzhaut sieht eben in der Mitte scharf, während die Ränder besonders empfindlich sind für jede Art der Bewegung oder Veränderung – auch beim Menschen.


Das hat Folgen für unseren heutigen TV-Konsum: Das Bild eines Röhrenfernsehers lässt sich mit einem Blick erfassen, das Auge muss nicht hin- und herwandern. Bei den großen Flachbildschirmen dagegen kann man ein Objekt von links nach rechts verfolgen und wieder zurück – und stellt dabei plötzlich Veränderungen fest:

  • Was im Stand knackscharf aussah, bekommt plötzlich weiche Konturen.
  • Die Bewegung erscheint ruckelnd und abgehackt.
  • Bei Schwenks der Kamera bricht die Detailauflösung zusammen.

So rückt die Bewegungsdarstellung in das Zentrum der Beurteilung von Bildschirmen – was nicht verwunderlich ist: Schließlich handelt es sich bei Video- und TV-Signalen nicht um Standbilder. Anders als bei Kriterien wie Kontrast, Schärfe oder Farbumfang gibt es für die Darstellung von Bewegung aber kein genormtes Messverfahren, nicht einmal Testsignale für alle Problemfelder.

Und es gibt eine Menge Probleme, die unterschiedliche Ursachen haben. Manche entstehen schon bei der Aufnahme, andere bei der Übertragung – und der Bildschirm selbst ist auch nicht unschuldig.

Die Zeiten, in denen das Signal von der Kamera zum Fernseher direkt durchgeschleift wurde, sind nämlich vorbei. Eine Röhrenkamera tastete eine fotoempfindliche Schicht noch Zeile für Zeile ab und leitete die daraus entstehenden elektrischen Schwingungen weiter, bis sie schließlich auf dem Röhrenfernseher Zeile für Zeile wieder aufgebaut wurden. Heutzutage stecken zwischen CCD- beziehungsweise CMOS-Sensor und Flatscreen jede Menge Bildspeicher und Wandler, die das Signal an die Gegebenheiten von Studio, Übertragungsstrecke und Display anpassen.

Wir erläutern die Probleme der Bewegungsdarstellung und beschreiben, mit welchen Technologien die Hersteller von Fernsehgeräten für perfekte Bewegungsabläufe am Bildschirm sorgen wollen.ergrößern

Film: Das klassische Bewegtbild ist der Kinofilm. Er wird schon seit bald 100 Jahren mit 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen. Eine frühe Form der Datenreduktion – man nannte es auch Materialersparnis. Absolut gesehen sind 24 Bilder pro Sekunde (Hertz, Hz) viel zu wenig. Denn für flüssige Bewegungsdarstellung braucht man rund 50 Hz – erst dann erscheint dem Auge eine Abfolge von Einzelbildern ruckelfrei. Damit das Bild nicht erkennbar flackert, sollten es sogar noch etwas mehr sein: Erst 65 bis 70 Hz sind wirklich flimmerfrei.

Deshalb projiziert man jedes Bild im Kino zwei- oder dreimal, sodass man auf 48 oder 72 Hz kommt. Aber selbst wenn es dann nicht mehr flimmert: Der unsaubere Bewegungsablauf bleibt. Und zwar auch dann, wenn der Film elektronisch aufgenommen wurde. Auch hier hat sich Hollywood auf 24 Hz festgelegt. Denn, so die Überlegung, schnelle Schwenks oder rasende Kamerabewegungen führen auf der großen Kinoleinwand eher zu Übelkeit im Publikum. Also nimmt man es in Kauf, dass quer durchs Bild fahrende Autos etwas ruckeln. In der DCI-Spezifikation für digitales Kino ist zwar eine Verdoppelung auf 48 Hz bei der Aufnahme vorgesehen, das passiert aber nur bei 3-D-Filmen. Denn 48 Hz kann man nicht mit 72 Hz projizieren, und die Wandlung in 60 Hz ist noch schwieriger als bei 24 Hz. Neben den 24 Hz des Kinofilms existieren auch Filmaufnahmen mit 25 oder 30 Bildern – beides sind Standards, die sich an der TV-Ausstrahlung orientieren.

Gern übersehen wird ein zweiter Punkt, der darüber entscheidet, wie stark Filmbilder ruckeln: die Verschlusszeit. Jeder Fotoamateur weiß, dass es verwischte oder verwackelte Aufnahmen gibt, wenn die Blende nicht schnell genug öffnet und schließt. Wenn der Kameramann also viel Licht braucht und deswegen den Verschluss lange offen lassen muss, sind bewegte Objekte im Bild ohnehin unscharf. Dann wirkt die Wiedergabe auch nicht ruckelig, sondern soft. Bei kurzer Shutter-Öffnung dagegen bleiben harte Kanten erhalten, dafür fällt das 24-Hz- Ruckeln umso mehr auf.

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Halo-Effekt: Probleme bei Konturen bewegter Objekte
Störender Heiligenschein: Bei 100-Hz-Geräten wird ein Zwischenbild errechnet, indem man das Bild vorher und nachher heranzieht. Wenn sich Objekte gegeneinander bewegen (wie Ball und Hintergrund), fehlen die Ergänzungsinformationen an den Konturen – und der Halo-Effekt tritt auf.

Video: Die klassische Videokamera, ob im TV-Studio, im Stadion oder in den Händen eines Amateurs, liefert ein sogenanntes Interlaced- Signal mit Halbbildern. Auch das ist eine frühe Datenreduktion – allerdings für schnelle Bewegungen geeignet, dafür weniger gut für die Projektion auf Großbildschirmen. Das Interlaced-Prinzip gilt sogar heute noch bei modernen Sensoren, die eigentlich stets eine komplette Fläche abtasten. Weil im Studio aber fast immer ein Halbbildsignal gebraucht wird, filtern sie das Bild entsprechend. Dabei enthält das Signal je nach Region (PAL, NTSC) 50 oder 60 Aufnahmen pro Sekunde, also unterschiedliche Bewegungsphasen. Da die Bilder aber jeweils im Wechsel nur die halbe Zeilenzahl des kompletten Signals enthalten, halbiert sich die Schärfe an bewegten Kanten und von Details. Ein Fußball zum Beispiel, der über die gesamte Bildhöhe 40 Zeilen belegt, besteht als Interlaced-Bild aus nur 20 Zeilen alle 0,02 Sekunden – entsprechend weniger scharf sind also seine Rundungen. Aber die Bewegung wirkt flüssig. Die Interlaced-Unschärfe existiert unabhängig von der Weiterverarbeitung und vom Bildschirm. Und es ist inzwischen unstrittig, dass sie sich selbst mit modernsten Rechenverfahren kaum rückgängig machen lässt. Daher streben alle Fernsehtechniker Progressive Scan an, also Verfahren mit der kompletten Zeilenzahl pro Bild.

Progressive Scan: Um sowohl scharfe Konturen als auch ruckelfreie Bewegungen zu bekommen, braucht man Videokameras mit Vollbildabtastung – also Progressive Scan – und mindestens 50 Hz. Aus diesem Grund haben sich zum Beispiel ARD und ZDF entschieden, bei HDTV auf das System 720p/50 zu setzen, das 50-mal pro Sekunde volle 1280 mal 720 Pixel liefert. Das von vielen anderen Sendern verwendete 1080i halbiert wie alle anderen Interlaced-Verfahren die Bewegungsschärfe.

Kameras für Progressive-Scan-Video gibt es schon – vor allem digitale Fotoapparate liefern Vollbilder als Videosignale. Allerdings reichen die Sensorgeschwindigkeiten und Rechnerleistungen in der Regel nur für 24 bis 30 Bilder pro Sekunde – und das ist alles andere als ruckelfrei.

Das Fernziel aller TV-Techniker heißt 1080p mit 50 oder 60 Bildern pro Sekunde. Das können bis jetzt nur wenige, sehr teure Kameras. Und auch in den Studios wäre die Technik von heute damit überfordert.

Fernsehen: Früher gab es eine Kamera im Studio, die mehr oder weniger direkt mit dem TV-Gerät verbunden war. Heute kommt das Programm nahezu jedes Senders aus einer Vielzahl von Quellen, die teilweise selbst schon gewandelt sind.

Ein Film mit 24 Hz etwa wird um vier Prozent beschleunigt, sodass er mit 25 Bildern läuft, und anschließend in Halbbilder zerlegt. NTSC-Signale, die mit 60 Hz zum Beispiel aus den USA eintreffen, werden durch das Weglassen von Bildern auf 50 Hz gebracht – was zu kräftigem Ruckeln führt, weil jedes fünfte Bild fehlt.

Um aus 24 Kinobildern dagegen 60 Hz zu machen, projiziert man eines zweimal und das nächste dreimal – der sogenannte 3:2-Pulldown, ebenfalls mit kräftigem Ruckeln verbunden. Am schlimmsten sind US-Filmaufnahmen, die schon auf Video per 3:2-Pulldown auf 60 Hz und anschließend durch Weglassen auf 50 Hz gewandelt wurden.

Auch das deutsche Fernsehen arbeitet in vielen Fällen noch mit Film, etwa bei Dokumentationen oder Naturaufnahmen – dann aber mit 25 Hz. Die lassen sich relativ einfach in 50 Hz wandeln, wenigstens leidet die Bewegung nicht.

DVD: Kinofilme auf DVD werden ebenso wie im Fernsehen um vier Prozent beschleunigt und als Halbbilder gespeichert – zumindest, wenn es sich um europäische Scheiben handelt. Damit haben diese nicht nur die Originallaufzeit und den unverfälschten Ton, es entfällt auch das 3:2-Ruckeln von US-Discs.

Blu-ray-Disc: Als erstes Medium arbeitet die Blu-ray-Disc mit einem weltweit einheitlichen Format – mit 24 Bildern pro Sekunde, wie der Kinofilm selbst. Es bleibt den Playern und Bildschirmen überlassen, wie sie daraus ein flimmer- und ruckelfreies Bild produzieren. Am HDMI-Ausgang bekommt man entweder ein 24p- oder ein 1080i/p60-Signal. Also entweder Progressive Scan mit der Originalfrequenz, wenn der Bildschirm das akzeptiert, oder 60 Hz, per 3:2-Pulldown erzeugt und daher ruckelnd.

LCD: Helle und scharfe Bilder können sie alle, die inzwischen allgegenwärtigen LCD-Bildschirme. Doch neben der Blickwinkelabhängigkeit ist die Bewegungsunschärfe das größte Manko. Der sogenannte Sample-Hold-Effekt lässt nichtstatische Objekte unscharf erscheinen, da die Hintergrundbeleuchtung ständig aktiv ist. Doch die Hersteller haben eine ganze Reihe von Gegenstrategien entwickelt. Die Ansätze gehen entweder in Richtung einer angepassten Hintergrundbeleuchtung oder einer schnelleren Ansteuerung der Panels.

Der Sample-Hold-Effekt: Warum Bilder verschmieren

Neben dem Ruckeln ist die Bewegungsunschärfe das größte Problem moderner TV-Geräte. Wie die Hersteller darauf reagieren:

Ein senkrechter Strich, der aus einzelnen Pixeln untereinander besteht, lässt sich auf einem LCD- oder Plasma-Fernseher sauber abbilden. Die Kanten erscheinen scharf, der Strich ist klar erkennbar. Anders sieht es aus, wenn sich der Strich quer über den Schirm bewegt. Nun ist er unscharf, speziell auf LCDs.

Nimmt man etwa ein Full-HD-Display mit 1920 Pixeln pro Zeile und ein Tempo von zehn Sekunden vom rechten zum linken Rand – noch nicht einmal besonders schnell also –, dann überstreicht der Strich pro Sekunde 192 Pixel, doch pro Sekunde gibt es nicht mehr als 50 Bilder. Der Strich muss also von Bild zu Bild um rund vier Pixel weiterspringen, seine Abmessung von einem Pixel bleibt dabei unverändert. Was sich indes ändert, ist der Eindruck, den der Strich auf der Netzhaut des Betrachters hinterlässt: Der verfolgt das Objekt mit seinen Augen und überstreicht während der 0,02 Sekunden eines Bildes vier Pixel. Der senkrechte Strich sieht also auf der Netzhaut viermal so breit aus, also drastisch unschärfer. Das ist wie bei einem Standfoto: Hält man die Kamera still, bleibt der Strich ein schmaler Strich (wenn die Belichtungszeit unter einem Fünfzigstel liegt), verfolgt man das Objekt aber mit der Kamera, wird es verwischt abfotografiert. Dieser sogenannte Sample-Hold-Effekt lässt sich mit unterschiedlichen Strategien mindern oder beseitigen. Je nach Bildschirmtechnologie tritt er mehr oder weniger sichtbar auf. Geräte mit einer Dunkelphase zwischen den Bildern, etwa Projektoren, gaukeln dem Auge eine scharfe Kontur vor, das Verwischen wird weniger wahrgenommen.

Wenn heute noch über die Reaktionszeit der Panels geredet wird, ist das ein Relikt aus den Zeiten, als LCD-Monitore noch zu langsam waren, um innerhalb eines Bildwechsels reagieren zu können. Reaktionszeiten von unter 15 Millisekunden reichen jedoch immer für die Videodarstellung aus.

Indem man die Backlights pulsieren lässt, erreicht man eine drastische Verbesserung der Bewegungsdarstellung auf LCD-Bildschirmen. Damit entsteht nämlich einerseits eine scharfe Kante, die das Auge nutzt, um das dargestellte Objekt zu lokalisieren, und andererseits verkürzt dieses Aufblitzen gleichzeitig die Dauer, während der ein Objekt sichtbar ist und damit verwischt wird.

Das Problem: Das Ganze lässt sich nicht mit 50 Hz praktizieren, hierbei würde ein Flackern sichtbar werden. Der erste Ansatz von Philips nutzte daher 75 Hz und arbeitete dabei mit speziellen Heißkathodenröhren, vergleichbar mit Neonröhren. Wegen der zu hohen Kosten hat Philips diese Technik inzwischen aufgegeben. Pulsierende Backlights realisiert man heutzutage bei allen Herstellern mit Leuchtdioden. Die LEDs haben den Vorteil, dass sie im gepulsten Betrieb sogar etwas leistungsfähiger sind als im Dauerbetrieb. Um Flackern zu vermeiden, betreibt man LED-Geräte mit 100 Hz, bei NTSC-Material mit 120 Hz.

100 Hz sind auch ohne pulsierende Backlights ein probates Mittel, um die Hold-Zeiten zu verkürzen. Allerdings darf man dafür nicht, wie bei 100-Hz-Röhren üblich, einfach das Bild wiederholen. Denn damit bliebe die Bewegungsunschärfe bestehen.

Derzeit existieren vier Bildberechnungsverfahren, die eine saubere Bewegungsdarstellung ermöglichen:

Black Frame Insertion: Durch Schwarzschalten jedes zweiten Bildes halbiert man die Hold-Zeit und gibt dem Auge damit eine klare Kante an bewegten Objekten. Nachteil: Die Helligkeit wird halbiert, weil während der Hälfte der Zeit das Licht blockiert ist. Außerdem fangen 50 Hz dann wieder zu flackern an. Daher wird Black Frame Insertion nicht bei normalen LCD-TVs eingesetzt – lediglich die Sony-Projektoren VPL-VW80 und 200 erlauben es.

Grey (oder Dark) Frame Insertion: An dieser Stelle wiederholt man identische Bilder aus der gleichen Bewegungsphase, die sich jedoch in der Helligkeit unterscheiden – so erzeugt man ebenfalls scharfe Kanten. Die Helligkeitsunterschiede werden über ein Verbiegen der Gammakurve oder durch simple Addition der Grauwerte erreicht. Ein leichtes 50-Hz-Flackern ist in bestimmten Situationen möglich. Die Schärfungswirkung der Grey Frame Insertion ist nicht so hoch wie bei Black Frame.

Smooth Frame Insertion: Bei dieser Technologie wird lediglich jedes zweite Bild in voller Schärfe wiedergegeben, was ebenfalls zu geringeren Wischeffekten führt. Flackern oder Helligkeitseinbußen gibt es nicht, allerdings leidet die Kantenschärfe etwas.

Motion Estimation and Compensation: Bei dieser Methode werden neue Zwischenbilder mit Bewegungsphasen errechnet, die im Originalsignal nicht existierten. Dafür braucht man ausgefeilte Verfahren, damit keine neuen Fehler entstehen. Die Technik ähnelt der MPEG-Kompression, ist aber nicht identisch. MPEG sucht nämlich irgendwo im Bild nach passenden Blockmustern, während bei der Berechnung der Zwischenbilder nur berücksichtigt werden darf, was unmittelbar vor und hinter den Objekten passiert.

Die meisten Schaltungen verwenden zwei Bilder, um zu bestimmen, was zwischen ihnen passiert. Das ist freilich dort zu wenig, wo sich Muster gegeneinander bewegen, beispielsweise Personen vor Hochhäusern, der Fußball vor dem Publikum oder Hubschrauber vor Gebirgslandschaft – speziell dann, wenn die Kamera dem Objekt folgt. Gibt es nur zwei Bilder als Berechnungsgrundlage, fehlen rings um diese Objekte und an den Bildrändern die Ergänzungsinformationen. Daher entsteht rings um die Konturen ein sogenannter Heiligenschein oder auf Englisch „Halo“.

Erst wenn man als Grundlage der Berechnung drei Bilder heranzieht, wie es Philips auf der Basis des NXP-Chipsatzes PNX5100 macht, verschwindet der Halo-Effekt. Nachteile sind eine deutliche Verzögerung der Darstellung von bis zu 0,1 Sekunden sowie die hohen Kosten des NXP-Chipsatzes. Auch Artefakte können immer noch auftreten.

Mit den Zwischenbildern lässt sich auch die Wiedergabe von Kinofilmen glätten. Es werden dann also nicht die 24 Einzelbilder pro Sekunde wiederholt, sondern drei bis neun Zwischenschritte (96 bis 240 Hz) eingefügt. Damit wirkt ein Film flüssig wie ein Videosignal – was aber nicht jedem eingefleischten Cineasten gefällt.

Jedes dieser Verfahren lässt sich mit 100 und auch mit 200 Hz anwenden, so wie es beispielsweise Sony mit seiner „Motionflow 200 Hz“-Technik in den Bravia-LCDs praktiziert. Begleitend zu diesen Bildwechselfrequenzen bei PAL-Quellen sind die NTSC-Zahlen von 120 und 240 Hz sowie gelegentlich 96 Hz für das Berechnen von Filmbildern bei 24p-Zuspielung per Blu-ray.

Je schneller man den Bildinhalt nachzieht, umso geringer fällt – theoretisch – das Verwischen aus. Ein Objekt, das sich in zehn Sekunden quer über einen Full-HD-Schirm bewegt, wird bei 100 Hz zwei Pixel breit an der Kante erscheinen, also mit halber Schärfe, während es bei 200 Hz exakt einen Pixel belegt.

Die derzeit beste Methode ist daher die Kombination von Zwischenbildberechnung und pulsierendem Backlight, denn damit lässt sich die Verweildauer des Bildes auf einer Position noch einmal verkürzen. 

Weniger Wischer durch höhere Bildwechselfrequenz

Durch Halbieren der Bildstandzeiten von 0,02 (50 Hz) auf 0,01 Sekunden (100 Hz) nimmt das menschliche Auge bewegte Objekte weniger stark verwischt wahr. Dazu ist es notwendig, dass das errechnete Zwischenbild eine neue Bewegungsphase hat, also dem Auge folgt.

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Verwischtes Bild
Bei 50 Hz Bildwechselfrequenz ist jedes Bild 0,02 Sekunden lang sichtbar. Ein Objekt bleibt während dieser Zeit an einem Punkt stehen, während das Auge weiterwandert. Dadurch entsteht auf der Netzhaut ein verwischtes Bild.

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Besseres Bild
Bei 100 Hz ist jedes Bild nur 0,01 Sekunden lang sichtbar. Die Zwischenbilder (Bild 2, Bild 4 und Bild 6) sind im Originalsignal nicht enthalten, die Elektronik muss sie künstlich errechnen. Der Eindruck für den Betrachter ist dann weniger verwischt.

Plasma: Plasma-Bildschirme bauen die Bilder ganz anders auf als LCDs, nämlich per Zündimpuls in der jeweiligen Zelle. An dieser Stelle ist also nichts dauerhaft beleuchtet, sondern wird mehr oder weniger direkt vom Bildsignal angesteuert. Jede einzelne Zelle kennt nur die Zustände „an“ und „aus“, weshalb Zwischentöne durch kurzes Aufblitzen erzeugt werden müssen. Der Zeitraum entscheidet über die Helligkeit.

Dazu zerlegt man die Zeit eines Bilddurchlaufs in möglichst viele Teilabschnitte, von denen der erste die Hälfte, der zweite ein Viertel und so weiter umfasst. 50 Prozent Helligkeit erreicht man durch simples Zünden während der Hälfte der Zeit, für 70 Prozent Helligkeit muss man einige Abschnitte weiter hinten aktivieren. Ein Objekt leuchtet also zweimal auf – einmal heller und ein zweites Mal etwas weniger hell. Da das aber am gleichen Ort passiert, während das Auge ein bewegtes Objekt verfolgt, entstehen sogenannte Falschkonturen. Vor oder hinter einer Kante läuft dann ein Schatten übers Bild – nicht extrem auffällig, aber wenn man ihn erst mal gesehen hat, fällt er immer wieder auf. Übrigens: Die falschen Konturen treten nicht nur bei Plasma-Bildschirmen, sondern auch bei DLP-Projektoren auf.

Durch Berechnen von Zwischenbildern lässt sich dieser Falschkontureneffekt zwar stark verringern, aber nicht ganz beseitigen. Da Plasma-Bildschirme aufgrund ihrer pulsierenden Natur ohnehin nicht vor Flackern gefeit sind, geht man inzwischen mehr und mehr zur 100-Hz-Darstellung über – inklusive Glättung von Kinobildern.

Subjektiv wirken Plasma-Geräte deutlich bewegungsschärfer als fast alle LCDs. Nur mit sehr viel Aufwand erreicht ein LCD-Bildschirm eine ähnliche Qualität.

Wenn man die Bewegungsunschärfe erst einmal im Griff hat, wird auch das Ruckeln von Kinofilmen fast automatisch beseitigt. Manche Schaltungen können sogar unscharf angelieferte Bilder künstlich knackig machen. Allerdings fragt man sich spätestens dann, ob die Elektronik eines Bildschirms derart in das Werk eines Regisseurs eingreifen soll – denn vielleicht sind die Unschärfen ja gewünscht.

Das Vorpreschen von Sony beim Thema „200 Hz“ setzt die Konkurrenz unter Druck. So darf man erwarten, dass es in naher Zukunft immer mehr TV-Geräte mit einer Bildwechselfrequenz von 200 Hertz geben wird. Oder vielleicht noch mehr – so bieten manche TV Hersteller jetzt sogar Bildschirme mit 1200 Hertz vor.

Wünschenswerter als ein Wettrennen um immer mehr Hertz wäre dagegen, die derzeit beim Austausch von Bildern zwischen den 50- und 60-Hz-Welten entstehenden Bildfehler auszumerzen.  Nur eine sehr aufwendige Elektronik, über die nicht jeder TV Sender verfügt, schafft eine einigermaßen saubere Umrechnung.

Doch gleichgültig, ob 24, 50, 60, 100 oder 200 Hz: Über die Qualität sagen diese Zahlen wenig aus. Denn beim Thema Bewegung im Fernsehen gibt es nur ein sicheres Messinstrument – das menschliche Auge. Und eben das menschliche Auge beurteilt die statische und dynamische Bildqualität am Besten nach Referenz Testbilder.

Redakteur: Uli Löhneysen