Burosch-Homebutton

TV- und Beamer-Kalibrierung zu Hause

Beim Elektrohändler sah das Bild noch so gut aus. Doch kaum steht der Neuerwerb im Wohnzimmer, schmerzen die grellen Bilder in den Augen und die Gesichter der Schauspieler sehen bedenklich ungesund aus. Während man die Bildschärfe, Bildformat, Kontrast und Helligkeit mit bloßem Auge und passenden Testbildern justieren kann, stößt man bei der Farbeinstellung schnell an seine Grenzen. Dabei gibt es gerade hier bei so gut wie jedem Fernsehgerät und Projektor Handlungsbedarf, denn Farbtemperatur und -balance sind ab Werk fast nie korrekt justiert.


Über den Daumen gepeilte Einstellungsversuche sind in der Regel zum Scheitern verurteilt. Sicherlich kann man am Rot-Regler drehen, wenn man einen Rotstich ausmacht. Doch ist es wirklich zu viel Rot, das man da sieht, oder doch nur zu wenig Grün und Blau?

Das elektrische Auge
Ordentliche Resultate erzielt man nur mit Hilfe von technischen Hilfsmitteln: Hierzu gehören ein Colorimeter wie das Gretag EyeOne, das Quato DTP94 oder der Datacolor Spyder 3 sowie eine Software, die die Messwerte darstellen und auswerten kann. Das Erfreuliche: Neben teuren Profilösungen wie Colorfacts von Datacolor oder CalMAN von SpectraCal gibt es inzwischen eine sehr brauchbare Software.



Günstige Colorimeter bekommt man bereits für 80 Euro.


In den meisten Fällen lässt sich die Bildqualität mit HCFR und einem günstigen Colorimeter deutlich verbessern – wir haben im Test einen Spyder 3 verwendet, den es in der Express-Variante schon für 80 Euro gibt. Das perfekte Bild wird man indes nicht jedem Fernseher oder Beamer entlocken können. So beeinflussen sich beispielsweise viele Regler gegenseitig: Da hat man den Rotstich aus den Gesichtsfarben endlich eliminiert und nun sehen dunkle Bereiche plötzlich grünstichig aus. Bei wiederum anderen Fernsehern oder Beamern fehlt genau der Regler, an dem man nun gerne drehen möchte. In solchen Fällen muss man sich damit abfinden, aus seinem Anzeigegerät nicht das perfekte Bild herauszukitzeln, aber immerhin die grellbunte Showroom-Einstellung auf ein erträgliches Maß drosseln zu können. Das Einstellen fordert stets eine Portion Übung und viel Geduld. Will man aus seinem High-End-Gerät für mehrere tausend Euro das Optimum herausholen, ist man mit professionellen Kalibrier-Dienstleistern deshalb meist besser bedient. Diese nutzen zum Kalibrieren in der Regel deutlich messgenauere – und teurere – Spektrometer und greifen zudem auf einen riesigen Erfahrungsschatz zurück.

In Eigenregie
Für herkömmliche Fernseher und Beamer reicht die kostenlose HCFR-Software. Das Programm spricht viele gängige Messinstrumente an. An weiteren Zutaten benötigt man eine DVD oder Blu-ray Disc mit Testbildern. Auch hier hat man die Wahl zwischen kostenlosen und kommerziellen Produkten. Auf den Webseiten der Firma BUROSCH Audio-Video-Technik  www.burosch.de   kann man zum kleinen Preis ISO-Images herunterladen. Allgemein gilt: Als Zuspieler für die Testbilder sollte man immer das Gerät wählen, das nachher auch die Filme wiedergibt.

Bevor es ans Eingemachte geht, muss man die Messsonde ins Programm einbinden. Dafür benötigt man die jeweils zum verwendeten Colorimeter passende DLL, die HCFR aus lizenzrechtlichen Gründen nicht beiliegt. Man findet sie meist im Programmordner der vom Hersteller des Colorimeters mitgelieferten Software. Beim Spyder 3 heißt sie beispielsweise schlicht spyder3.dll, Besitzer eines EyeOne müssen nach der Datei EyeOne.dll suchen. Nachdem man die DLL in den Programmordner von HCRF kopiert hat, lässt sich der Sensor im Menü „Messung“ auswählen.

Für die Kalibrierung eines Beamers sollte man zudem ein Stativ parat haben, auf dem sich das Colorimeter im passenden Abstand und Winkel zur Leinwand fest aufstellen lässt. Die Blickrichtung des Sensors wird in Heimkino-Foren häufig diskutiert: Einige schwören darauf, das Messgerät in den Lichtstrom des Beamers zu stellen. Andere Anwender befestigen es vor der Projektionsfläche mit Blick zur Leinwand. Die Messung direkt im Lichtstrom hat den Vorteil, dass mehr Licht auf den Sensor fällt. Für die indirekte Messung spricht, dass die Reflexionseigenschaften der Leinwand mit in die Messung eingehen. Da diese im täglichen Heimkinobetrieb natürlich auch das Bild beeinflussen, haben wir uns für den zweiten Messaufbau entschieden. Hier sollte der Sensor in einer Entfernung von rund 30 Zentimetern vor der Leinwand stehen. Ein paar Zentimeter mehr oder weniger machten bei unseren Tests keinen Unterschied. Weit wichtiger ist dagegen, Fremdlichteinfall während der Messung zu vermeiden. Das bedeutet, dass man entweder den Raum komplett verdunkelt oder in den Abendstunden misst. Zudem darf das Colorimeter keinen Schatten in seinen Messfleck werfen. Dafür stellt man es möglichst in einer Flucht mit dem unteren Bildrand auf und neigt es leicht schräg nach oben.

HCFR kann bereits bei dieser Ausrichtung helfen: Während der Beamer ein Weißbild anzeigt, wählt man zunächst im rechten Feld „Anzeige“ des Hauptfensters die Anzeigeoption xyY. Ein Klick auf den grünen Pfeil startet eine kontinuierliche Messung. Während der Sensor geneigt wird, kann man nun im linken Feld „Gewählte Farbe“ in den Spalten ftL (Foot-Lambert) oder Y (Luma) die Helligkeit des projizierten Bildes ablesen. Der Neigungswinkel mit dem höchsten Wert ist optimal. Bei Fernsehern fällt der Aufwand viel geringer aus: Das Colorimeter wird mittels Gegengewicht am USB-Kabel direkt vor den Schirm gehängt oder vorsichtig mit Saugnäpfen festgedrückt. Bei TVs mit einer etwas wolkigen Ausleuchtung oder Beamern mit Shading-Problemen, kann es sich lohnen, mehrere Messorte auszuprobieren.

Licht und Schatten

Die gelbe Kurve beschreibt den Gammawert jeder einzelnen Graustufe. Die blaue Kurve zeigt den Durchschnitt über die gesamte Grautreppe. Dieser Wert sollte möglichst nahe bei 2,2 liegen – das ist die Norm bei Video. Vor dem Einstellen sollten Beamer und TV vorab einmal gemessen werden, um zu sehen, wo es hapert. Dafür müssen zunächst alle Techniken zur Bildverbesserung ausgeschaltet werden, da dynamische Irisblenden oder Kontrastanpassungen sowie die diversen Farb- und Bildverschönerungsalgorithmen die Messung bis zur Unbrauchbarkeit verfälschen können. Ein Klick auf die Schaltfläche „Grautreppe, Primär- und Sekundärfarben messen“ startet den Messdurchlauf. In kurzen Abständen informiert ein Dialogfenster, welches Testbild der DVD- oder Blu-ray-Player ausgeben soll. Nach der Messung bietet es sich an, das gesamte Protokoll als Vorher-Wert zu speichern.

Das Einstellen des Anzeigegeräts lässt sich grob in drei Stufen einteilen: Zunächst müssen Schwarz- und Weißpegel angepasst werden. Dafür eignen sich Testbilder mit möglichst feinen Grautreppen von Schwarz nach Weiß. Beim optimalen Schwarzpegel sollten möglichst alle dunklen Felder unterscheidbar sein. Erscheinen dunkle Graustufen schwarz, liegt der Schwarzpegel zu niedrig und muss erhöht werden. Sieht selbst das Schwarz aschgrau aus, muss der Pegel – im Bildschirmmenü oft „Helligkeit“ genannt – reduziert werden. Für den Weißpegel der Anzeige ist der Kontrastregler zuständig. Er muss so eingestellt sein, dass Weiß nicht zu matt erscheint und die hellgrauen Stufen sich voneinander trennen, ohne zu überstrahlen.
Im zweiten Schritt versucht man eine Farbtemperatur von 6500 Kelvin zu erreichen und die Farbmischung so zu justieren, dass alle Graustufen ohne Farbstiche angezeigt werden. Im dritten Schritt werden – je nach Gerät – die Farben so eingestellt, dass der Farbraum des Fernsehers oder Beamers möglichst exakt mit dem Farbraum der Videosignale übereinstimmt.

Angenehme Temperatur
Die Farbtemperatur beschreibt den Weißton der Anzeige. Wirklich genau lässt sie sich nur messgestützt einstellen. Grund: Das menschliche Auge gewöhnt sich schnell an eine grundsätzliche Färbung des Bildes, das Gehirn kompensiert den Farbstich. Schaut man einige Zeit Videos auf einem zu kühl eingestellten Gerät, erscheint anschließend selbst das Normweiß mit 6500 Kelvin (D65) für einige Minuten zu warm beziehungsweise rotstichig. Für die Ermittlung von Gamma und Farbtemperatur klickt man in der HCFR-Software auf „Grautreppe messen“. Vom Zuspieler müssen dabei die so genannten IRE-Testbilder der Reihe nach wiedergegeben werden. Dabei handelt es sich um einzelne Graubilder, deren Helligkeit sich in 10 %-Schritten von Schwarz (IRE 0) bis Weiß (IRE 100) erhöht. Die Messergebnisse präsentiert die Software anschließend in den Histogrammen „Gamma und Farbtemperatur“. Das Gamma sollte bei 2,2 liegen und die Farbtemperatur möglichst nahe bei 6500K. Da bläuliches Weiß das Bild heller wirken lässt, sind viele Geräte werkseitig auf Farbtemperaturen von mehr als 10 000 Kelvin eingestellt. Das mag im hellen Laden knackig aussehen, zu Hause ist es Murks. Falls man die Gammakurve in der HCFR-Ansicht gar nicht zu Gesicht bekommt, sollte man mittels Rechtsklick im Histogramm die Skalierung auf Werte oberhalb von 9000K ausdehnen.


Solch ein Farbeinstellungsmenü ist meist nur bei teuren Geräten zu finden. Günstige Fernseher und Beamer lassen sich näherungsweise mit dem Farbsättigungsregler einstellen. Der Menüpunkt zum Einstellen der Farbtemperatur hört bei den meisten Geräten auf genau diesen Namen. Leider finden sich bei den Einstellungsoptionen meist keine Kelvin-Angaben. Stattdessen stößt man auf Bezeichnungen wie „Warm1“, „Normal“ oder „Kalt2“ – nicht sehr hilfreich. Welche Option die richtige ist, lässt sich aber schnell feststellen: Startet man eine HCFR-Live-Messung mit einem Weißbild (IRE 100), zeigt das „Kombinierte Histogramm für freie Messung“ stets die aktuelle Farbtemperatur an. Nun probiert man der Reihe nach die Farbtemperatur-Presets durch und schaut, welcher am nächsten an 6500K liegt. Je nach TV oder Beamer muss man dafür das Einstellungsmenü verlassen, damit das Colorimeter auch wirklich auf dem Weißbild misst und nicht auf der farbigen Menüoberfläche.
Da das Gamma die Helligkeitsabstufungen von Schwarz nach Weiß beschreibt, lässt sich dieser Wert nicht mit einer Live-Messung ermitteln. Ergab die vorherige Messung der Grautreppe ein zu hohes Gamma, hilft meist eine Einstellung, bei der die Darstellung dunkler wirkt. Bei einem Gamma unter 2,2 sucht man Einstellungen, bei denen das Bild heller erscheint. Eine erneute Messung der Grautreppe (Schaltfläche „Grautreppe messen“) verrät, ob die nun gewählte Gamma-Einstellung passt. Mitunter sind mehrere Versuche nötig.

Achtung: Praktisch alle TVs und Beamer haben Bildpresets an Bord, für die der Hersteller an sämtlichen internen Stellschrauben gedreht hat. Wollen sich Gamma und Farbtemperatur partout nicht auf die gewünschten Werte bringen lassen, kann es deshalb helfen, die Messungen in einem anderen Bildpreset zu wiederholen.

Balance-Akt

Zunächst lag die Farbbalance völlig daneben (oben). Wegen des zu hohem Blau- und zu geringem Rotanteils sahen Filme unnatürlich aus. Eine korrekte Balance (Mitte) sorgt für eine deutliche Verbesserung. Nicht alle Geräte lassen sich vom Laien perfekt einstellen (unten). Fehlen die nötigen Regler, muss man einen Kompromiss finden. Der direkte Vergleich der Darstellung zeigt, dass eine falsche Farbbalance den Filmgenuss ruiniert. Oft haben dunkle Grau- und Mischfarben einen anderen Farbstich als helle. Weiß und Grautöne erzeugen TVs und Beamer durch die additive Mischung der Grundfarben Rot, Grün und Blau. Stimmt das Mischverhältnis untereinander nicht, wird ein eigentlich neutrales Grau bunt und das Bild farbstichig. Solche Verfälschungen fallen besonders deutlich ins Auge, sie lassen sich aber beheben. Voraussetzung dafür ist ein Menüpunkt wie „Farbmischung“, „Farbweiß“, „Erweiterte Farbeinstellungen“, „Farbbalance“ oder schlicht „RGB“, wo sich die Farbbalance einstellen lässt.

Im Histogramm „RGB Niveau“ von HCFR kann man sich die Farbbalance aller zehn Graustufen der zu Beginn vorgenommenen Probemessung anschauen. Die farbigen Linien zeigen, aus welchen Anteilen von Rot, Grün und Blau sich das Graubild zusammensetzt. Zum Einstellen spielt man zunächst ein Weißbild mit 80-prozentiger Helligkeit (IRE 80) zu, startet die Live-Messung und wechselt in die Ansicht „freie Messung“. Je nach Fernseher oder Beamer finden sich im Farbbalance-Menü drei (einer je Grundfarbe) oder sechs Regler (einer je Grundfarbe für dunkle und helle Bereiche). Leider variiert ihre Bezeichnung: Oft wirken sich Regler mit den Begriffen „Bias“, „Cutoff“ oder „Helligkeit“ stärker auf dunkle Farbtöne aus und solche mit Bezeichnungen wie „Gain“ oder „Kontrast“ stärker auf helle.

Während der kontinuierlichen Messungen passt man nun die Farbbalance so an, dass alle Farbkurven möglichst nahe oder sogar genau auf der 100 %-Linie verlaufen. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Wird beispielsweise zu viel Rot herausgenommen, kann die blaue Kurve schlagartig nach oben schnellen. Für den Anfang gilt: Weniger ist mehr. Anschließend wird das Spiel mit dem IRE-30-Testbild wiederholt. In den meisten Fällen verschlechtert das jedoch zugleich die Balance bei IRE 80. Im Ping-Pong-Verfahren wechselt man deshalb solange zwischen diesen Testbildern hin und her, bis sich die Balance bei dem einen Bild nicht mehr verbessern lässt, ohne die des anderen im selben Maße zu verschlechtern.
Nach einigen Wechseln kann man es wagen, die gesamte Grautreppe von 0 bis 100 während der Live-Messung zu begutachten. Häufig steht dann eine Korrektur bei weiteren Helligkeitsstufen an. Das Notieren der Vorher-Werte spart dabei Zeit und Nerven, da eine klitzekleine Korrektur einer einzelnen Graustufe mitunter die Balance aller anderen Graustufen versaut.

Die Delta-E-Anzeige verrät, wie stark die Graustufen vom farbneutralen Zielwert abweichen. Durchgehende Werte von unter drei lassen sich nur schwer erreichen. Bis zu einem Delta E (?E) von fünf nimmt man in der Regel keine Farbstiche wahr. Bei manchen TVs oder Projektoren muss man sich gar mit einem Fehler von über zehn begnügen. Bildinhalte im mittleren Helligkeitsbereich kommen in der Praxis am häufigsten vor. Entsprechend sollte man die Farbbalance vorrangig dort optimieren. Ausreißer bei IRE 0 bis IRE 20 lassen sich eher verschmerzen als bei mittleren Grauwerten – zumal die günstigen Colorimeter in dunklen Bereichen ohnehin nicht besonders genau messen. Spreizt sich die Farbbalance zwischen RGB plötzlich beim Wechsel von IRE 90 auf IRE 100, kann ein zu hoch eingestellter Kontrast die Ursache sein.

Kür


Zum Justieren der Farborte muss zunächst der Farbton stimmen, anschließend braucht nur noch die Sättigung verringert zu werden (im Beispiel: Grün). Damit die Bilder exakt so aussehen wie bei der Aufnahme, muss der Farbraum (Gamut) des TVs oder Beamers mit der Videonorm übereinstimmen – andernfalls sehen die Farben zu satt oder zu blass aus. Heimkino-Freaks haben es mit zwei Farbräumen zu tun: SD-Fernsehen nutzt den in Rec. 601 spezifizierten Gamut. Für hochaufgelöste Bilder gilt dagegen der in Rec. 709 festgelegte Farbraum. Dessen Farborte entsprechen dem aus der Computerwelt bekannten sRGB. SD- und HD-Farbräume unterschieden sich lediglich im Grün: Dies kann bei HD-Videos etwas satter sein. Wer die Testbilder von Blu-ray Disc zuspielt, muss sich am REC.-709-Farbdreieck orientieren, für die DVD-Wiedergabe gilt Rec. 601.

Um den Farbraum des Anzeigegeräts zu begutachten, startet man zunächst eine Messung der Primär- und Sekundärfarben und wechselt danach in das Histogramm mit dem CIE-Diagramm (Commission Internationale de l’Eclairage). Hier zeichnet HCFR die gemessenen Farbpunkte von Rot, Grün und Blau sowie die von Cyan, Gelb und Magenta ein. Als Referenz wird zusätzlich das Farbdreieck eines Videofarbraums abgebildet. In den Einstellungen der Software lässt sich zwischen den HD- und SD-Farbdreiecken umschalten. Im – unwahrscheinlichen – Idealfall decken sich alle gemessenen Farborte mit denen der gewählten Videonorm.



In den Werkseinstellungen ist der Farbraum viel zu groß. Knallbunte Bilder sind die Folge (oben). Nach der Justierung entsprechen die Farborte des Gerätes dem der Videonorm (Mitte). Bei Geräten ohne ein umfangreiches Farbeinstellungsmenü muss man akzeptieren, dass der Farbraum nicht perfekt passt (unten). Die Primärfarben geben Aufschluss darüber, ob das Anzeigegerät Farben zu kräftig oder zu blass wiedergibt. An den gemessenen Farborten der Sekundärfarben lässt sich erkennen, ob die Farbmischung stimmt. Bei den meisten Fernsehern und vielen günstigen Beamern lassen sich die sechs Farborte nicht unabhängig voneinander einstellen. In solchen Fällen bleibt nur der Griff zum Farbsättigungsregler, der die Sättigung aller Farben von bonbonbunt bis schwarzweiß verstellt. Verringert man während einer Live-Messung die Gesamtsättigung, sollten sich im Farbdreieck die Farborte eigentlich auf einer Geraden in Richtung Weißpunkt (D65) in der Mitte des Dreiecks bewegen. Oft arbeitet diese Einstellung aber nicht linear, weshalb man dann meist nur ein oder zwei Farborte – vorzugsweise Rot und Grün – normgerecht einstellen kann.

Einige teurere Geräte haben ein erweitertes Farbmanagement, das Farbton und -Sättigung für jede Grundfarbe einzeln verstellt. Die Menüpunkte heißen oft „Ton“ oder „Hue“ respektive „Sättigung“ oder „Saturierung“. Wer sich nicht sicher ist, probiert mit dem passenden RGB- oder CMY-Testbild die Regler während einer Live-Messung aus und beobachtet die Verschiebung der Farborte. In manchen Farbmenüs findet sich zusätzlich unter den Bezeichnungen „Lightness“, „Brightness“ oder „Helligkeit“ ein Regler, der die Helligkeit der Grundfarben anpasst – dazu später mehr.

Der Gamut wird der Reihe nach mit einfarbigen Testbildern für jede Grundfarbe angepasst. Zunächst verschiebt man den Farbton so, dass er auf einer gedachten Linie zwischen Weißpunkt und Referenzpunkt des Farbdreiecks liegt. Anschließend lässt er sich mit der Sättigungseinstellung entlang dieser Linie verschieben, bis er schließlich dem gewünschten Punkt nahe kommt oder ihn sogar berührt. Sofern der Beamer oder Fernseher auch das Einstellen der Sekundärfarben unterstützt, wiederholt man den Vorgang mit dem gelben, cyan- und magentafarbenen Testbild. Manche Geräte mit extrem großem Farbraum lassen sich auf diese Weise allerdings nur schwer bändigen. In hartnäckigen Fällen lohnt es sich wiederum, einen anderen Bildpreset auszuwählen, denn bei den meisten TVs und Projektoren ändert sich dabei auch der Gamut. Die Weißbalance ist dann jedoch futsch und muss für eine farbneutrale Graustufenauflösung erneut angepasst werden.

Schaurig schön
Während der ersten Kalibrierversuche bleiben Enttäuschungen kaum aus: Da hat man die Farbbalance auf Linie gebracht, die Farbtemperatur auf 6500 Kelvin gestellt und trotzdem wirkt das Bild irgendwie flau oder farbstichig. Was ist schiefgegangen?

Bei diesem Fernseher lässt sich nicht nur die Farbtemperatur auswählen, sondern auch die Farbbalance einstellen. Viele Regler halten nicht das, was sie versprechen: Manchmal beeinflussen sie sich gegenseitig, arbeiten nicht linear oder wurden gar falsch eingedeutscht. Wurde beispielsweise der Farbraum mit Hilfe des Farbsättigungsreglers angepasst, können die Bilder hinterher trotzdem fahl aussehen oder kann ihre Farbmischung falsch wirken. Der Grund: Manche Farbsättigungsregler verringern außer der Sättigung auch die Helligkeit der Farben. Das lässt sich im CIE-Diagramm nicht erkennen – wohl aber später im Film.

Die Helligkeit eines Weißbildes (Luma, Y) setzt sich aus den Helligkeiten der Grundfarben zusammen. Für HD-Material gilt die Formel 709Y’=0,2126R’+0,7152G’+0,0722B’. Während der Live-Messung eines Weißbildes lässt sich im Hauptfenster von HCFR die Helligkeit Y ablesen. Bei einem Wert von 120 cd/m2 müsste ein reines Rotbild gemäß Rec. 709 ein Luma von 25,2 cd/m2 haben (120 x 0,21 = 25,2).

Beim Verstellen des Farbsättigungsreglers sollte man deshalb im CIE-Diagramm die Farborte kontrollieren und zusätzlich die Farbhelligkeit im Auge behalten. In den meisten Fällen läuft es dann auf einen Kompromiss zwischen der Helligkeit und den korrekten Farborten hinaus. Die nach der oben genannten Formel errechneten Luma-Werte gelten nicht für SD-Videos. Hier setzt sich Luma gemäß Rec. 601 wie folgt zusammen: 601Y’=0,299R’+0,587G’+0,114B’
Wer im Farbmenü seines Geräts jede Grundfarbe einzeln beeinflussen kann, ist trotzdem nicht gegen Probleme gefeit: Steuert man manche Farbregler voll aus, kommt es zum sogenannten Clipping – einem Übersteuern. So sind beispielsweise manche ältere LCD-TVs technisch nicht in der Lage, ein so sattes Rot anzuzeigen, wie es die Videonorm vorsieht. Erhöht man während der Live-Messung auf einem Rot-Bild die Sättigung, wandert der Farbort zwar in die richtige Richtung – es bleibt aber unbemerkt, dass das Gerät bereits übersteuert und auch blassere Rottöne schon mit voller Sättigung wiedergibt. Im Film sehen dann Mischfarben viel zu warm aus, obwohl die Messung bescheinigt, dass die Sättigung der Primärfarbe Rot und auch die Weißbalance stimmen.

Testbilder mit Farbtreppen von Weiß bis zur voll gesättigten Primärfarbe entlarven das Clipping: Man sollte alle Stufen auseinanderhalten können. Auf den meisten Testbild-DVDs finden sich nicht nur IRE-Bilder für Graustufen, sondern auch für Farben. Berührt beispielsweise bei einer Messung auf einem roten IRE-80-Bild der Messpunkt im CIE-Diagramm bereits den Rotpunkt des Farbdreiecks, ist man über das Ziel hinausgeschossen. Als Faustregel gilt: Wenn sich beim Drehen an den Reglern nach anfänglich großen Sprüngen nur noch ganz wenig tut, sollte man schleunigst aufhören.

Was dabei rauskommt
Wer einmal einen Film auf einem gut eingestellten Fernseher oder Beamer genossen hat, will darauf nicht mehr verzichten. Allerdings kann der Weg zum perfekten Bild steinig sein. Zumal viele Geräte lediglich RGB-Regler zur Einstellung der Farbbalance bieten. Nur bei den teureren Heimkino-Projektoren und bei einigen High-End-Fernsehern findet man das Rundum-Sorglos-Kalibrierpaket in den Tiefen der Menüs. Die Beherrschung der Regler setzt allerdings eine Portion Übung voraus. Dennoch: Die Anschaffung eines Colorimeters macht sich auch bezahlt, wenn Fernseher oder Beamer nur wenige Einstellungsmöglichkeiten bieten. Schließlich kann man so zumindest den Preset ausfindig machen, bei dem Farbraum, Gamma und Farbtemperatur am ehesten der Norm entsprechen. Zudem kann man damit überhaupt erst herausbekommen, was welcher Regler im Menü überhaupt bewirkt. Und, trotz falscher Farborte, bringt allein die Einstellung der Farbbalance schon erstaunlich viel: Ohne Farbstich sieht die Filmwelt gleich viel besser aus.


Quelle: c`t Magazin Sonderheft: Home Entertainment 2011