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Ein kurzer Abriss zur Entstehung und Betreuung der Bachelorarbeit von Florian Ermer (Hochschule Aalen) durch Klaus Burosch, Prof. Seelmann, Burkhard Vogel. 
Zum Ende eines Studiums kommen die Fragen auf, welches Thema eignet sich für eine Bachelorarbeit und in welche Richtung soll diese gehen. Man hat dadurch die Möglichkeit selbst völlig frei Schwerpunkte zu setzen und dem nachzugehen, was einen persönlich interessiert. Schon seit vielen Jahren beschäftige ich mich leidenschaftlich mit Musik.

 

Zum Ende eines Studiums kommen die Fragen auf, welches Thema eignet sich für eine Bachelorarbeit und in welche Richtung soll diese gehen. Man hat dadurch die Möglichkeit selbst völlig frei Schwerpunkte zu setzen und dem nachzugehen, was einen persönlich interessiert. Schon seit vielen Jahren beschäftige ich mich leidenschaftlich mit Musik. Zu Schulzeiten noch am Instrument, später dann vermehrt im Bereich der Beschallungs-Technik und kleinerer CD-Produktionen von Amateurbands und -chören. Diese Leidenschaft führte mich zu meiner Projektarbeit, bei der ich mich mit der Simulation von Lautsprechermodellen beschäftigt habe. Für die Bachelorarbeit stand deshalb zur Wahl, entweder ein komplett anderes Themenfeld zu bearbeiten, oder dem Bereich der Audio-Technik treu zu bleiben. In meinen anfänglichen Überlegungen kristallisierte sich die erste Idee heraus, doch dann traf ich bei meinen abschließenden Messungen der Projektarbeit an der Hochschule Aalen auf Klaus Burosch, der mir eine weitere Arbeit im Audio-Technik-Bereich schmackhaft machte.


Einige Wochen später war auch ich vollständig überzeugt und wählte mit Prof. Gerhard Seelmann einen geeigneten Betreuer für dieses Vorhaben. Der einzige Haken an der Sache: Ein geeignetes Thema musste erst noch gefunden werden. Nach langer Suche im Internet und dem durchstöbern vieler Bücher stieß ich dann auf „How to Gain Gain“ von Burkhard Vogel. Darin fand ich beim Blättern eine Schaltung zur Untersuchung, wie sich verschiedene Gegenkopplungen auf das Klangverhalten eines Vorverstärkers auswirken. Ein interessanter Ansatz fand ich, gerade da in diesem Bereich viel diskutiert, aber kaum etwas wirklich nachgewiesen wurde. Somit hatte ich auch die letzte Hürde genommen und ein geeignetes Thema war gefunden. Burkhard Vogel hat die vier Vorverstärkervarianten in seinem Buch allerdings als Röhren-Verstärker konzipiert, wie die nachfolgenden Abbildungen zeigen.

Abbildung 1: Originalschaltungen ohne Gesamtgegenkopplung
Abbildung 1: Originalschaltungen ohne Gesamtgegenkopplung
(mit freundlicher Genehmigung des Autors bzw. des Springer Verlags, Heidelberg)

 

Abbildung 2: Originalschaltungen mit Gesamtgegenkopplung
Abbildung 2: Originalschaltungen mit Gesamtgegenkopplung
(mit freundlicher Genehmigung des Autors bzw. des Springer Verlags, Heidelberg)

 

Aufgrund der nötigen Spannungsversorgung, dem recht großen Aufbau und den nicht ganz preiswerten Röhren, entschied ich die oben gezeigten Schaltungen von Burkhard Vogel umzurechnen und mit JFETs zu realisieren. Irgendwann hatte ich mal aufgeschnappt, dass diese einen ähnlichen Klang liefern und auch vom Schaltungskonzept ähnliche Anforderungen stellen. In der Zwischenzeit stellte Klaus Burosch für mich den Kontakt zu Peter Schüller her, der mir berichtete, dass auch er versucht, die Auswirkungen verschiedener Gegenkopplungen messtechnisch festzustellen, allerdings im Bereich der Endverstärker. Mit diesem Themenfeld hatte sich bereits im Sommer 2011 ein Aalener Student in seiner Projektarbeit näher beschäftigt. Durch verschiedene Simulationen versuchte er den Unterschieden zwischen gegengekoppelten Verstärkern und gegenkopplungsfreien auf die Spur zu kommen. Der Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen, da die verwendeten Endverstärker so komplex waren, dass ein einfaches Umrechnen von gegengekoppelt auf gegenkopplungsfrei nicht möglich war. Mit Hilfe der Schaltungsvorlagen von Burkhard Vogel war daher das Ziel für meine Bachelorarbeit definiert. Im Bereich der Vorverstärker sollen die Einwirkungen verschiedener Gegenkopplungs-Arten näher untersucht und auch messtechnisch festgehalten werden. Die vorgesehenen Trioden der insgesamt vier Vorverstärkerschaltungen wurden durch den SMD-JFET BF862 von NXP ersetzt und die restliche Schaltung auf eine Versorgungsspannung von 30 Volt angepasst.

 

Abb.: 3
Abbildung 3: Vorverstärker G0L1 und G0L0 mit JFET BF862

 

Abb.: 4
Abbildung 4: Vorverstärker G1L1 und G1L0 mit JFET BF862

 

Die oben dargestellten Schaltungen zeigen die modifizierte Variante der Schaltung von Burkhard Vogel, die mit Transistoren funktioniert. Durch die Kombination von lokaler Stromgegenkopplung und Gesamtgegenkopplung gibt es damit vier unterschiedliche Vorverstärkervarianten:

Variante 1 (G0L1): lokale Stromgegenkopplung an Verstärkerstufe 1 + 2
Variante 2 (G0L0): komplett gegenkopplungsfreie Realisierung
Variante 3 (G1L1): Gesamtgegenkopplung + lokale Stromgegenkopplung
Variante 4 (G1L0): Gesamtgegenkopplung ohne lokale Stromgegenkopplung an Verstärkerstufe 2

Die beiden Source-Stufen der Schaltung sind für die Verstärkung zuständig, die auf den Faktor 500 festgelegt wurde. Die abschließende Drain-Schaltung bewirkt einen niedrigeren Ausgangswiderstand. Damit die Gesamtverstärkung unabhängig von den Gleichstrombedingungen der Transistoren justiert werden kann, sind die Drain-Widerstände der Verstärkerstufen eins und zwei einstellbar dimensioniert. Die kapazitive Überbrückung lässt sich aus diesem Grund justieren, was sich direkt auf die Verstärkung der jeweiligen Stufe auswirkt, und damit die Gesamtverstärkung beeinflusst. Dies ist zwingend nötig, da durch die verschiedenen Gegenkopplungsvarianten auch unterschiedliche Verstärkungen hervorgerufen werden. Ohne diese Einstellmöglichkeit wäre der gravierendsde Unterschied zwischen allen Varianten der erheblich differierende Gesamtverstärkungsfaktor.

Bis auf die variablen Drain-Widerstände und die jeweilige Gegenkopplung sind die vier Schaltungen jedoch identisch aufgebaut. Daraus resultieren nahezu dieselben Arbeitspunkte für die Transistoren (bedingt durch Bauteiltoleranzen) und ein identischer Gesamt-Verstärkungsfaktor von 500. Unterschiede bei den Mess- und Hörergebnissen sind demnach auf die verschiedenen Gegenkopplungen zurückzuführen. Um einen identischen Gesamtverstärkungsfaktor zu erreichen weichen die Einzelverstärkungsfaktoren, je nach Gegenkopplungsart, voneinander ab.

 

Hör- und Messergebnisse

Für eine einfachere Handhabung beim Hören und Messen sind alle vier Vorverstärker in ein Gehäuse mit Relais-Umschaltung gewandert. Das hat einerseits den Vorteil, dass parallel der Ein- und Ausgang jedes einzelnen Verstärkers umgeschalten wird. Es ist also nicht möglich, dass die anderen drei Vorverstärker Einfluss auf den aktiven Vorverstärker nehmen. Des Weiteren lassen sich dadurch beim Hörtest alle Varianten unmittelbar nacheinander probehören. Zusammen mit Prof. Seelmann, Klaus Burosch und Burkhard Vogel ging es Ende April 2012 zum Hören in den reflexionsarmen Raum der Hochschule Aalen.

Abbildung 5: Prof. Seelmann, Klaus Burosch, Florian Ermer
Abbildung 5: Prof. Seelmann, Klaus Burosch, Florian Ermer

 

Abbildung 6: Klaus Burosch, Florian Ermer, Prof. Seelmann, Burkhard Vogel
Abbildung 6: Klaus Burosch, Florian Ermer, Prof. Seelmann, Burkhard Vogel

 

Da der Aufbau im Rahmen der Bachelorarbeit nur einen Kanal umfasste, genügte für die Signalausgabe ein aktiver K+S Studiomonitor aus dem Bestand der Hochschule. Neben verschiedenstem Muskimaterial wurde auch mit Sinustönen und Rauschen nach Unterschieden zwischen den einzelnen Varianten gesucht.

Bei nahezu allen Musiktiteln liesen sich keine nennenswerte Differenzen zwischen den Verstärkervarianten feststellen. Bei Sinustönen oder Rauschen jedoch schon. Beide Vorverstärker mit der Gesamtgegenkopplung (G1L0 und G1L1) klingen beim Rauschen durch die Rückkopplung hörbar anders, als die beiden Pendents ohne die gesamte Gegenkopplung. Insgesamt am Auffälligsten hat sich jedoch die vierte Verstärkervariante G1L0 verhalten. Insbesondere bei reinen Sinustönen oder sinusartigen Tönen ist im Vergleich mit den anderen drei Varianten ein deutlich schärferer, unsauberer Klang zu hören.

Die nachfolgend dargestellten Messergebnisse der Verstärker zeigen, warum die vierte Verstärkervariante hörbar anders klingt. Alle Verstärker wurden mit einem Clio-Messystem vermessen, die Oberwellen (k2, k3, …) werden dadurch systembedingt um 30 dB verstärkt. Zudem ist der Sinus-Generator des Clio-Systems nicht sonderlich Klirrarm. Pro Frequenz liefert dieser bestenfalls 0,015 Prozent Klirr pro Frequenz.

 

Abbildung 7: THD der ersten Variante G0L1	Abbildung 8: THD der zweiten Variante G0L0
Abbildung 7: THD der ersten Variante G0L1 Abbildung 8: THD der zweiten Variante G0L0
   

 

Vergleicht man die Messergebnisse der beiden Verstärkervarianten G0L1 und G0L0, die ohne Gesamtgegenkopplung arbeiten, wird schnell klar, welchen Einfluss die lokale Stromgegenkopplung nimmt. Betrachtet man die THD auf das komplette Frequenzspektrum, zeigt sich deutlich, dass durch das Aufheben der lokalen Gegenkopplung mittels Source-Kondensatoren die Verstärkung der dritten harmonischen Oberwelle k3 merklich ansteigt, während die zweite harmonische Oberwelle nahezu identisch wiedergegeben wird. Dasselbe gilt auch für die beiden Verstärker mit Gesamtgegenkopplung G1L1 und G1L0. Die Wiedergabe von k3 ist bei der vierten Variante ohne lokale Stromgegenkopplung deutlich stärker, als beim Verstärker G1L1. Hinzu kommen die Auswirkungen der Gesamtgegenkopplung, die die zweite harmonische Oberwelle etwas abschwächen.

 

Abbildung 9: THD der dritten Variante G1L1 Abbildung 10: THD der vierten Variante G1L0
Abbildung 9: THD der dritten Variante G1L1 Abbildung 10: THD der vierten Variante G1L0
   

 

 

Die genannten Veränderungen bedingt durch die unterschiedlichen Schaltungskonzepte erklären, warum die letzte Verstärkervariante beim Hörtest auffällig in den Vordergrund getreten ist. Durch die Kombination aus Gegenkopplungsfreiheit an der Source und einer Gesamtgegenkopplung rücken die beiden  Oberwellen k2 und k3 sehr dicht zusammen. Im Vergleich mit den anderen Testkandidaten ist die Verteilung dieser beiden Oberwellen deutlich unharmonischer. Für einen sauberen Klang ist es jedoch wichtig, dass die Abfolge der Oberwellen einerseits sauber gestuft und andererseits auch in der korrekten Abfolge erfolgt. Zu dieser Erkenntnis kommen auch Peter Schüller und Johannes Maier bei ihren Untersuchungen im Bereich der Endverstärker.

Misst man daher, wie oft üblich, nur den Gesamtklirrfaktor, kommt man den Gründen für den Klangunterschied gar nicht auf die Spur. Denn mit diesem wird nur das Klirren der einzelnen Oberwellen aufsummiert, jedoch nicht berücksichtigt, dass die saubere, harmonische Reihenfolge der Oberwellen ein entscheidendes Beurteilungskriterium darstellt. Ein Prozent Gesamtklirrfaktor klingt wenig, doch wenn die Reihenfolge der harmonischen Oberwellen nicht stimmt, oder der gleichmäßige Abfall nicht gegeben ist, kann dies dennoch einen schlechteren Gesamtklang bedeuten.

So ist es auch bei den vier untersuchten Vorverstärkern. Die deutlich auffällige vierte Variante liegt beim Gesamtklirrfaktor noch vor den beiden Varianten ohne Gesamtgegenkopplung. Für den Klang spielt dies aber eine untergeordnete Rolle, da die dritte Oberwelle im Vergleich zur zweiten viel zu stark in den Vordergrund tritt und den klang bei entsprechendem Musikmaterial verfälscht.

Alleine durch die Veränderung oder das Weglassen einer Gegenkopplung lassen sich verschiedene  Klang-Charakteristiken entwerfen. Dass eine Gesamtgegenkopplung einen deutlichen Missklang verursacht, wie häufig behauptet wird, ist indes nicht der Fall. Allerdings muss man auch beachten, dass es im Vorverstärker-Bereich keine Wechselwirkung zwischen Lautsprecher und Verstärker gibt, wie es bei den Endverstärkern der Fall ist. Daher lassen sich die Erkenntnisse aus dieser Arbeit nicht einfach übertragen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es Zusammenhänge und Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten gibt, die alleine durch eine Veränderung der Gegenkopplung hervorgerufen werden. Sofern sich während meines Master-Studiums die Gelegenheit ergibt, werde ich die Zusammenhänge und Auswirkungen bei den Endverstärkern weiter untersuchen.

 

Bachelorarbeit von Florian Ermer, betreut von Prof. G. Seelmann im WS11/12 an der Hochschule Aalen zum Thema: Entwicklung, Aufbau und Vergleich unterschiedlich gegengekoppelter Vorverstärker.

 

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