Im ersten Teil unseres Artikels über Qualitätsmerkmale von Verstärkerschaltungen haben wir uns mit dem Thema Rauschen beschäftigt. Rauschen beeinflusst jedoch nicht alleine die Qualität der Musikwiedergabe über den Amp. Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Beurteilung der Güte eines Verstärkers sind Verzerrungen.
Verzerrungen entstehen immer dann, wenn der Verstärker das anliegende Musiksignal nicht nur verstärkt, sondern auch auf andere Art und Weise verändert. Man teilt Verzerrungen allgemein in "Lineare Verzerrungen" und "Nichtlineare Verzerrungen" ein, je nachdem welche physikalischen Charakteristika des Signals von der Änderung durch den Verstärker betroffen sind.
Gern weisen wir an dieser Stelle auf die neuesten Laborergebnisse von Peter Schüller / Laborleiter der Testzeitschrift Stereoplay: Die Klangqualität ist jetzt messbar !
Lineare Verzerrungen:
Lineare Verzerrungen treten immer dann auf, wenn der Verstärker das Eingangssignal nicht über den gesamtenFrequenzbereich neutral behandelt. Jeder Verstärker besitzt konstruktionsbedingt eine gewisse Bandbreite, in der er optimal arbeitet. Im Bild unten links ist dasder lineare Bereich von etwa 20Hz bis 40kHz. Ein Eingangssignal, dessen Frequenzspektrum innerhalb dieses Bandbreitenbereichs liegt, kann neutral verstärkt werden. Es entstehen also praktisch keinelinearen Verzerrungen. Besitzt das Frequenzspektrum des Eingangssignals jedoch Anteile, die außerhalb der Bandbreite des Verstärkers liegen, oder liegt es gar komplett außerhalb, so kann der Amplifier dieses Musiksignal nicht optimal verarbeiten. Es kommt zu linearen Verzerrungen. Unter lineare Verzerrungen fallen in erster Linie sogenannte Amplitudenverzerrungen und Laufzeitverzerrungen.
Amplitudenverzerrungen
Amplitudenverzerrungen entstehen, wenn die Verstärkung nicht für alle Frequenzen, aus denen das Eingangssignal besteht, gleich ist. Dadurch werden die einzelnen Frequenzkomponenten des Eingangssignals unterschiedlich behandelt, was das Signal beim Durchgang durch den Verstärker verändert, also verzerrt. Im Bild oben würde beispielsweise ein Signal, dessen Frequenzanteile oberhalb von 40kHz liegen, stark verzerrt. Dieses Beispiel hinkt natürlich in gewisser Weise, da das Ohr nur Töne bis maximal 20kHz bewusst wahrnimmt. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass die Verstärkung realer Amps auch innerhalb des linearen Bereichs leicht mit der Frequenz schwankt (im Bild rechts - Beachten Sie die andere Skalierung der a-Achse!), was im hörbaren Bereich Amplitudenverzerrungen hervorruft. Die heute auf dem Markt erhältlichen guten Verstärker sollten praktisch keine Frequenzgangüberhohungen mehr aufweisen. Einbrüche dagegen können in gewissen Grenzen auch in der heutigen hochentwickelten Technik noch auftreten.
Gift für einen linearen Frequenzgang sind oft die Klangregler, die meist den Bass- und Höhenbereich an den Raum anpassbar machen sollen. Diese verbiegen den Frequenzgang selbst dann noch in unter Umständen sehr hohem Maße, wenn sie auf der Nullposition stehen. Wenn Sie also ein möglichst originalgetreues Klangbild wünschen, dann schalten Sie diese Klangregler am besten ab.
Welche Qualitäten Ihr Verstärker im Bezug auf Amplitudenverzerrungen aufweist können Sie selbst leicht feststellen. Recht aussagekräftig ist hierfür der Frequenzgang, der in der Anleitung bei den technischen Daten angegeben sein sollte. Sie finden eine Frequenzbereichsangabe (z.B. 20Hz - 40kHz) und anschließend daran bei guten Modellen einen Dezibelwert (z.B. 3dB). Die Frequenzbereichsangabe macht eine Aussage über die Bandbreite Ihres Verstärkers, während Sie aus der Dezibelangabe herauslesen können, welche Schwankungen in der Verstärkung innerhalb des angegebenen Frequenzbereichs auftreten können. Gute Modelle sollten eine Bandbreite von ca. 20Hz bis 40kHz bei einer Abweichung von 1dB aufweisen. Insbesondere im Hinblick auf die höchstwertige DVD-Audio werden zukünftige Modelle auch größere Bandbreiten bis über 100kHz benötigen, da die DVD-Audio Frequenzen bis zu etwa dieser Höhe unterstützt. Geräten, deren Frequenzgang ohne Dezibelwert angegeben wird, sollten Sie kritisch gegenüber stehen. Insbesondere bei billigen Komponenten lassen die Hersteller diese Angabe mitunter weg, um Probleme der Konstruktion mit der Verstärkungslinearität zu kaschieren
Nun kommen wir zu der Frage, wie hoch die Abweichungen von der Optimallinie denn eigentlich sein können, ohne vom Gehör wahrgenommen zu werden. Hierauf gibt es keine allgemein gültige Antwort. Unser Ohr nimmt Nichtlinearitäten in verschiedenen Frequenzbereichen unterschiedlich gut wahr. Während das Ohr im Bassbereich und in den obersten Hochtonlagen Schwankungen des Frequenzbereichs bis etwa 3dB toleriert, kann es im kritischen Bereich zwischen 2kHz und 5kHz für den gut geübten Hörer möglich sein Nichtlinearitäten von 1dB wahrzunehmen.
Hörtests haben ferner ergeben, dass Einbrüche im Frequenzgang grundsätzlich nicht so stark auffallen wie Überhöhungen. Zusätzlich wird allgemein angenommen, dass die Abweichungen von der Ideallinie umso weniger tragisch sind, desto schmalbandiger diese Einbrüche sind.Würde ein Verstärker beispielsweise einen Einbruch von 10dB im Tiefbassbereich besitzen, der schmalbandig (beispielsweise weniger als eine Terz Breite) um die Frequenz von 80Hz liegt, so würde dieser Einbruch wohl kaum wahrgenommen. Dahingegen wäre eine Überhöhung von nur 2dB über den Frequenzbereich von 2kHz und 4kHz (also eine sehr breitbandige Überhöhung) auch für den Laien ohne Hörerfahrung sehr deutlich als Verfärbung wahrnehmbar.
Hinzu kommt noch, dass die Wahrnehmung je nach Musikprogramm unterschiedlich genau ausfällt. Während Heavy-Metall Riffs sich auch auf weniger linearen Verstärkern ganz gut hören lassen, stellt klassisches Programm, insbesondere Klaviermusik, sehr hohe Anforderungen an die Linearität.
Welchen Dezibelwert sollte nun ein moderner Verstärker im Hörbereich zwischen 20Hz und 20kHz einhalten? Auf der sicheren Seite sind Sie dann, wenn Sie zu einem Gerät mit einer Linearität von 1dB greifen. Hier verbiegt der Verstärker den Frequenzbereich nicht so stark, dass die Hörqualität nachhaltig beeinflusst wird. Natürlich kommt es auch auf Ihr Musikmaterial an. Bei moderner Popmusik oder anderem Material, das keine hohen Ansprüche stellt, sollte der Wert 3dB nicht überschreiten.
Unlinearitäten im Frequenzgang lassen sich übrigens recht leicht auffinden, wenn Sie eine Tonquelle an Ihre Hifianlage anschließen, die Sinustesttöne verschiedener Frequenz und gleicher Lautstärke liefert. Gut eignen sich beispielsweise die Testtöne 2 bis 41 von unserer Test-CD "Professional Audio-CD 3", die Sie im Shop auf http://www.burosch.de bestellen können. Wenn Sie alle Klangregler auf die Nullposition stellen, oder besser gleich abschalten, können Sie mit diesen Signalen leicht die Frequenzbereiche auffinden, die Ihre Anlage bevorzugt oder benachteiligt. Auch das Testsignal für weißes Rauschen (auf unserer Test-CD die Tracknummer 80) eignet sich gut für das Auffinden von Peaks im Frequenzgang. Überhöhungen machen sich durch einzelne aus dem Rauschen heraushörbare Töne bemerkbar. Beachten Sie allerdings, dass Sie hier nicht unbedingt das Frequenzgangverhalten des Verstärkers allein überprüfen, sondern das Ihrer gesamten Wiedergabekette. Insbesondere Lautsprecher können große Schwankungen im Frequenzgang aufweisen und damit nicht unerheblich zu Verfärbungen beitragen.
Laufzeitverzerrungen
Laufzeitverzerrungen gehören wie Amplitudenverzerrungen zu den linearen Verzerrungen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass Eingangs- und Ausgangssignal des Ampsnicht in Phase sind. Sind zwei Signale in Phase, so bedeutet das, dass sich diese zwei Signale gerade im exakt gleichen Schwingungszustand befinden. Sind sie dagegen nicht in Phase, so unterscheidet sich der Schwingungszustand. Die Phase wird in Grad angegeben. Im folgenden Bild besteht zwischen Eingangs- und Ausgangssignal eine Phasenverschiebung von 90 Grad.
Verstärker können ganz allgemein die Phase eines Signals verändern. Dieser Effekt kann entweder generell bei allen Frequenzen gleich auftreten, oder die Höheder Phasenverschiebung ist frequenzabhängig. So können zum Beispiel Anteile eines Signals, die sich bei 10kHz befinden um einen größeren Winkel in ihrer Phase verändert werden, alsAnteile mit 15kHz. Dadurch entstehen Phasenverzerrungen. Die klangliche Relevanz dieser Art der Änderung des Musiksignals wird allerdings nach bisherigem Erkenntnisstand als nicht sehr hocheingestuft. Im normalen Hörraum dürften Phasenverzerrungen keinen Einfluss auf die Wiedergabequalität eines Verstärkers besitzen.
Nichtlineare Verzerrungen
Die zweite große Gruppe der Verzerrungen sind die nichtlinearen Verzerrungen. Diese werden vor allem durch aktive Halbleiterbauteileim Verstärker (v.a.Transistoren) hervorgerufen. Sie entstehen vor allem dann, wenn der lineare Bereich der Kennlinie dieser Bauteile verlassen wird, also insbesondere bei sehr hoher Leistungsabgabe. Nichtlineare Verzerrungen lassen sich weiter unterteilen in harmonische und nichtharmonische Verzerrungen.
Harmonische Verzerrungen:
Wird ein Sinussignal der Frequenz fo über einen Verstärker abgespielt, so können im Frequenzgang des Gerätesneu generierte Anteile bei 2fo, 3fo, 4fo, usw. festgestellt werden. Diese Komponenten sind nicht Bestandteil des Eingangssignals und müssen daher vom Verstärker hinzugefügt worden sein. Man nennt das Sinuseingangssignal auch erste Harmonische und alle weiteren Signale zweite, dritte Harmonische und so weiter. Wichtig zu wissen ist, dass die Höhe der Klirrkomponenten mit zunehmender Ordnung zunehmend geringer wird. Die "lauteste" Harmonische ist damit K2, K3 ist in aller Regel etwas leiser und so weiter. Alle hinzugefügten Harmonischen zusammen genommen heißen Klirrverzerrung. Die einzelnen Anteile bei den Frequenzen 2fo, 3fo usw. tragen die Namen k2, k3, k4 usw. Die höchste harmonische, die angegeben wirdist K9. Den Prozentsatz, den die neu hinzugekommenen Obertöne am Gesamtsignal einnehmen, nennt man auch Klirrfaktor bzw. englisch Total Harmonic Distortion (THD).
THD-Verzerrungen sind stark abhängig von der Frequenzzusammensetzung des Eingangssignals und von der Auslastung des Verstärkers. Aus diesem Grund ist der Klirrfaktor in den Datenblättern meist gemeinsam mit der Leistungsangabe des Amps zu finden. Oft liest man Datenangaben wie "80 Watt Sinusleistung bei 1kHz und 1% THD an 8Ohm". Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Verstärker bei einem Sinuseingangssignal mit der Frequenz fo = 1kHz und einem Klirrfaktor von 1% eine Sinusleistung von 80 Watt an einen 8Ohm Lautsprecher abgeben kann. Theoretisch verkraftet der Verstärker auch höhere Leistungsentnahme bis zu einem gewissen Grad, allerdings steigt die THD dann aufgrund der Überbelastung des Verstärkers rapide an. Im Normalbetrieb sollte ein moderner Verstärker nicht über 0,3% Klirr aufweisen. Wird die THD an der Leistungsgrenze wie im obigen Beispiel mit 1% angegeben, so kann man davon ausgehen, dass im Normalbetrieb, in dem der Amp praktisch nie voll ausgelastet wird, geringere Klirrfaktoren zum Tragen kommen. Tatsächlich hörbar werden Klirrverzerrungen ab 0,3% im Mittel- und abwenigen Prozent im Tieftonbereich.
Entdecken Sie ein Gerät, bei dem die Leistungsangabe ohne Wert für THD und Messfrequenz in den Datenblättern steht, seien Sie vorsichtig. Eventuell ist die angegebene Leistungmaßlos übertrieben und wird nur unter Inkaufnahme von weit über 1% und mehr THD erreicht.
Die Auswirkungen des Klirrfaktors auf den Klang sind bis heute nicht vollständig erfasst. Es hat sich jedoch gezeigt, dass nicht allein die Höhe der einzelnen Verzerrungsprodukteentscheidend für gute oder schlechte Qualität des Verstärkers ist. Aus diesem Grund muss ein Verstärker mit 0,1% Klirr bei beispielsweise 30 Watt nicht unbedingt schlechter klingen, als ein Gerät mit 0,05% Klirr bei der gleichen Leistung. Ein gutes Beispiel ist der Vergleich zwischen Röhren und Transistorverstärkern. Röhrenverstärker haben technisch bedingt deutlich höhere Klirrkomponenten, als Transistorverstärker. Trotzdem wird der Sound der Röhren als sehr angenehm und warm empfunden.
Warum aber ist das so? Es hat sich gezeigt, dass Röhrenverstärker insbesondere einen deutlich höheren Anteil an geradzahligem Klirr (v.a. K2, K4) besitzen, als Transistorverstärker. Nun wollen wir uns ein Sinussignal mit einer Frequenz von fo = 500Hz ansehen. Die K2-Komponente des durch dieses Signal erzeugten Klirrs liegt bei 1000Hz - also genau eine Oktave höher. Die vierte Harmonische wiederum schwingt mit 4fo, was 2000Hz entspricht - also eine Oktave höher, als K2 und zwei Oktaven höher, als das Originalsignal. Allgemein lässt sich feststellen, dass geradzahlige Harmonische grundätzlich einenAbstand von einer Oktave oder dem ganzzahligen Vielfachen einer Oktave vom Originalsignal besitzen. Und genau hier liegt der Grund, warum Röhrenverstärker so gut klingen: unser Gehör empfindet Obertöne, die Oktavabstand zum Originalbesitzen als sehr harmonisch. Musikwiedergabe, die reich an solchen Obertönen ist, empfinden wir als satt, rund und warm.
Dem gegenüber bestehen Klirrverzerrungen von schlecht konstruierten Transistorverstärkern zu einem hohen Anteil aus ungeradzahligen Harmonischen (K3, K5, K7, usw.). Wenn wir wieder das obige Beispiel mit fo = 500Hz betrachten, so liegen die Obertöne, die durch das Sinussignal erzeugt werden, nun bei 1500Hz (K3), 2500Hz (K5), 3500Hz(K7) usw. Solche Obertöne, die einen Abstand aufweisen, der nicht einem geradzahligen Vielfachen einer Oktave entspricht, führt zu Disharmonie. Der Klang wirkt auf uns kühl, dünn und ohne Farbe.
Da nun aber alle Klirrkomponenten, egal ob geradzahlig oder ungeradzahlig mit gleicher Gewichtung in den Klirrfaktor eingehen, können Geräte mit hohem Klirr besser klingen, als Geräte mit niedrigem Klirr. Ein Gerät, dass beispielsweise einen Klirr von 0,1% aufweist, dessen Klirr aber hauptsächlich aus geraden Komponenten besteht, klingt wesentlich angenehmer als Verstärker, der zwar nach den technischen Daten 0,05% Klirr aufweist, dessen Verzerrungen aber vor allem aus ungeradzahligen Harmonischen besteht.
Hochwertige High End Audio-Verstärker werden aus diesem Grund nicht nur auf einen niedrigen Klirrfaktor getrimmt, sondern gleichzeitig auch auf eine optimale Verteilung der einzelnen Komponenten. Ziel ist es insbesondere K3 und K5, aber auch ungeradzahlige Harmonische höherer Ordnung gering zu halten, während geradzahlige Komponenten in gewissen Grenzen für warmen, "analogen" Klang durchaus erwünscht sind.
Der Klirrfaktor einer Hifianlage kann nicht so leicht herausgefunden werden, wie Unregelmäßigkeiten im Frequenzgang. Hierzu benötigen Sie professionelles Messequipment, beispielsweise unseren Audioanalyzer NF-200 (erhältlich unter http://www.burosch.de). Wenn Sie Verstärker anhand der Klirrwerte vergleichen möchten, so können wir Ihnen die Zeitschrift Stereoplay empfehlen, die schon seit Jahren zu jedem Verstärkertest aussagekräftige Klirrspektren abdruckt.
Nichtharmonische Verzerrungen:
Während der Klirrfaktor bzw. die harmonischen Verzerrungen Signalanteile beschreiben, die sich harmonisch zum ursprünglichen Eingangssignal verteilen, versteht man unter nichtharmonischen Verzerrungen neu hinzugekommene Schwingungen, die in Disharmonie zum eigentlichen Nutzsignal stehen. Sie entstehen immer dann, wenn am Eingang des Verstärkers gleichzeitig Signale verschiedener Frequenz anliegen - bei Musikmaterial also ständig. Die wichtigsten nichtharmonischen Verzerrungen sind Differenztonverzerrungen und deren Spezialform, die Intermodulationsverzerrungen.
Differenztonverzerrungen bestehen aus im Ausgangssignal vorhandenen Komponenten, die aus Summen- und Differenzbildung der gleichzeitig anliegenden Eingangssignale gleicher Amplitude aber unterschiedlicher Frequenz entstanden sind. Intermodulationsverzerrungen sind im Grunde genommen das gleiche, nur dass hier die Amplituden der gleichzeitig anliegenden Eingangssignale verschieden sind. Bei der Musikwiedergabe entstehen fast ausschließlich Intermodulationsverzerrungen.
Hierzu ein Beispiel: Sollen Sinussignale mit den Frequenzen 800Hz und 1900Hz unterschiedlicher Amplitude gleichzeitig übertragen werden, so werden durch den Verstärker auch Signale der Summen- und Differenzfrequenzen gebildet, also ein Signal bei 1100Hz (Differenzsignal) und eines bei 2700Hz (Summensignal). Zwar sind diese neu generierten Komponenten deutlich leiser, als die verstärkten Eingangssignale bei 800Hz und 1900Hz, sie verändern das Ausgangssignal aber dennoch. Um den Lautstärkeunterschied zwischen Nutzsignal und den Summen-/Differenzsignalen und damit die Höhe der Verzerrungen darzustellen, verwendet man den Intermodulationsfaktor. Dieser ist definiert als der Effektivwert des Intermodulationssignals geteilt durch den Effektivwert des Nutzsignals und wird in Dezibel oder Prozent angegeben.
Selbstverständlich erzeugen die Eingangssignale bei 800Hz und 1900Hz auch harmonische Verzerrungen (Klirr). In der Praxis treten Intermodulationsverzerrungen und Klirr daher immer gemeinsam auf. Alles in allem ergeben sich die folgenden Komponenten im Ausgangssignal:
Nutzsignale: | Summensignal | Differenzsignal | Harmonische 800Hz | Harmonische 1900Hz |
800Hz 1900Hz |
2700Hz | 1100Hz | 1600Hz (K2) 2400Hz (K3) 3200Hz (K4) ... |
3800Hz (K2) 5700Hz (K3) 7600Hz (K4) ... |
Warum sind nichtharmonische Verzerrungen gut wahrnehmbar? Dazu gehen wir nochmals in die Argumentation über, die wir beim Klirrfaktor verwendet haben. Wir haben gesehen, dass vom Gerät erzeugte Töne, die in Oktavabstand zum Original stehen, keine Disharmonie, also schlechten Klang verursachen. Differenz- und Summentöne, aus denen die Intermodulationsverzerrungen bestehen, liegen aber in aller Regel nicht im Oktavabstand zu den Orignalsignalen, was mit Hilfe der obigen Tabelle für unser Beispiel leicht nachvollzogen werden kann. Man sagt auch die Verzerrungen liegen nichtharmonisch zu den Originaltönen, was den Namen nichtharmonische Verzerrungen begründet. Aufgrund dieser Disharmonie der Verzerrungskomponenten im Ausgangssignal nimmt unser Ohr Differenzton- und Intermodultaionsverzerrungen gut wahr. Sie fallen in erster Linie durch ein wenig detailliertes, gepresstes Klangbild auf. Extreme Intermodulationsverzerrungen können sogar Schmerzen in den Ohren hervorrufen. Leider fehlt in den meisten Verstärkerdatenblättern der Intermodulationsfaktor. Er sollte bei guten Geräten aber 0,5% nicht überschreiten.
Verringerung von Verzerrungen
Ähnlich wie das Rauschen schwanken Verzerrungen stark von Gerät zu Gerät. Dies ist auch nicht weiterverwunderlich, da die Höhe von Verzerrungen Hand in Hand geht mit solidem Schaltungsdesign und der Wahl hochwertiger Bauteile. Knackpunkt für nichtlineare Verzerrungen sind ganz klar die Transistoren. Die Verzerrungen können im Bereich dieser Komponenten stark durch die Wahl der Schaltungsart beeinflusst werden. Beispielsweise kann durch die Anordnung als Gegentaktendstufe eine Kompensation der Verluste herbeigeführt werden, was zu sehr verzerrungsarmen Geräten führt. Insbesondere die Einstellung des richtigen Arbeitspunktes der Transistoren ist ein Mittel nichtlineare Verzerrungen zu vermeiden. Nur wenn der Transistor in jedem Betriebszustand weit genug von Sättigung und Leerlauf entfernt ist, bleiben Verzerrungen im Rahmen. Insgesamt gilt das gleiche, was auch schon in unserem ersten Artikel zur Qualität von Verstärkerschaltungen hier auf http://www.burosch.de geschrieben wurde: Wenn Sie ein Gerät mit guten klanglichen Eigenschaften erwerben möchten, meiden Sie Billigstgeräte. Diese sind in aller Regel weder im Bezug auf das Schaltungsdesign, noch im Bezug auf die Bauteilequalität zu empfehlen.
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