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Elektronische Analogschalter

 

Elektronische Analogschalter werden als Ein-, Aus-, Um- und Stufenschalter hergestellt. Obwohl sie bereits relativ lange und heutzutage sehr preiswert im Handel erhältlich sind, ist ihr Bekanntheitsgrad relativ klein.

Die im folgenden auch als EAS bezeichnten elektronischen Analogschalter sind sehr vielseitig ersetzbar. Mit fast allen verfügbaren Typen können analoge Spannungen im Frequenzbereich von Null (Gleichspannung) bis über 10 MHz (Videofrequenzen) sehr schnell (Schaltzeiten 50 ns...500 ns) ein-, aus- und umgeschaltet werden. Viele dieser Schalter arbeiten bidirektional, das heißt, die Flußrichtung des geschalteten Signals ist wie bei einem mechanischen Schalter beliebig. Bei diesem Modell eines mechanischen Ersatzschalters muß man sich allerdings einen zusätzlichen, konstruktionsbedingten Widerstand von meist 50 Ω ... 500 Ω in Reihe geschaltet denken. Im ausgeschalteten Zustand liegt zudem ein hochohmiger Widerstand parallel zu den Anschlüssen des Schaltermodells, der einen gewissen Leckstrom zwischen Ein- und Ausgang in der Größenordnung von 1 nA ...100 nA hervorruft. Streukapazitäten bedingen - ähnlich wie bei mechanischen Schaltern - ein frequenzabhängiges Übersprechen.

Für eine einwandfreie Funktion der EAS ist allerdings Voraussetzung, daß Signalpegel plus ein gewisser Sicherheitsabstand innerhalb des jeweiligen Betriebsbeziehungsweise Hilfsspannungsbereichs liegen. Ein Zahlenbeispiel soll dies verdeutlichen: Ein einfacher Analogschalter des Typs 4066 wird mit einer Spannung von 12 V betrieben. Der Sicherheitsabstand soll beispielsweise 1 V betragen. Dann darf das zu schaltende Eingangssignal inklusive aller Gleich- und Wechselspannungsanteile einen Absolutwert von 1 V nicht unter- und 11 V nicht überschreiten, da ansonsten das geschaltete Signal begrenzt werden würde (Clipping).

 

Einsatzgebiete

Neben Analogsignalen schalten EAS auch Digitalsignale mit zum Beispiel TTL-Pegel. Ihre Domäne ist allerdings der Analogbereich. Niederfrequenz- (Audio) und Video-Signale lassen sich beliebig umschalten, so daß elektronische Einblendungen in ein Fernsehbild genauso möglich sind wie die Realisierung elektronischer Kreuzschienen-Verteiler für diverse Audio-Quellen und Verstärker.

Eine sehr bekannte EAS-Anwendung ist ihr Einsatz in Mehrkanal-Vorsätzen für Oszilloskope. Ohmsche Spannungsteiler können mit ihnen umgeschaltet werden, und die Konstruktion linear, logarithmisch oder beliebig abgestufter Abschwächer oder Verstärker ist mit elektronischen Analogschaltem kein großes Problem.

Werden mehrere Analogschalter mit einem PWM-Signal (PWM = pulse-width-modulation = Impulsbreitenmodulation) angesteuert, lassen sich beliebig viele Widerstände scheinbar gleichzeitig verändern, wenn die Frequenz des PWM-Signals groß gegenüber der des Nutzsignals ist. So lassen sich Phasenschieber, Wienbrücken-Generatoren, Quadrophonie-Verstärker und so weiter über ein PWM-Signal steuern, ohne daß relativ kostspielige Präzisions-Vielfach- Potentiometer benötigt werden. Mit elektronischen Analogschaltern lassen sich auch verdrahtete Logikgatter verschiedener Art aufbauen. Das ist beispielsweise immer dann von Vorteil, wenn in einer Schaltung nur ein EAS benötigt wird, zusätzlich aber noch ein bestimmtes Gatter. Bereits jetzt ist zu erkennen, daß die Einsatzmöglichkeiten für EAS sehr vielseitig sind.

Die gebräuchlichsten und zugleich preiswertesten EAS-Bausteine sind in der 4000-CMOS-Reihe enthalten, deren Bausteine von verschiedenen Herstellern produziert werden. Die EAS existieren als Ein-, Um- und Stufenschalter, teilweise mehrere in einem Gehäuse, die durch das Zuführen einer oder mehrerer binär kodierter Steuerspannungen betätigt werden. Die Steuereingänge sind extrem hochohmig ausgelegt - der typische Wert des Eingangswiderstands beträgt 1012 Ω. Der Durchlaßwiderstand Ron liegt bei einer Betriebsspannung von 10 V... 15 V in der Größenordnung von 150 Ω. Im gesperrten Zustand sind Dämpfungswerte von mehr als 80 dB erreichbar, der statische Sperrstrom liegt bei 10-12 A. Die Betriebsspannung darf im allgemeinen 3 V... 15 V betragen, bei den fast nur noch verwendeten ‘B’-Typen sogar bis zu 18 V.

An dieser Stelle noch ein Hinweis zu den weiter unten beschriebenen Applikationsschaltungen: Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind in den Zeichnungen die Betriebsspannungsanschlüsse der ICs nicht immer eingezeichnet, auch nicht die Abblock-Kondensatoren, die möglichst nahe an den Betriebsspannungsanschlüssen eines jeden lCs gegen Masse geschaltet werden sollten. Für diesen Zweck sollten keramische Kondensatoren mit einer Kapazität von etwa 47 n.. .220 n eingesetzt werden.

Die Schaltfrequenz zur Ansteuerung der EAS darf Werte von über 10 MHz annehmen. Die gleiche Aussage gilt für die Frequenz des zu schaltenden Analog- oder Digitalsignals. Elektronische Analogschalter sind also auch für Video- Anwendungen geeignet und werden auch von etlichen TV-Geräte-

Herstellern für diesen Zweck eingesetzt. Im Normalfall darf die Signalspannung die Betriebsspannung nicht überschreiten. Einige EAS-Typen haben einen mit U_ bezeichnten Hilfsspannungsanschluß. Ist dieser an eine negative Hilfsspannung geschaltet, wird der Signalspannungsbereich bis U_ erweitert. Allerdings darf die Differenz zwischen U+ und U_ die zulässige Nennbetriebsspannung des ICs nicht überschreiten. Bei einer maximalen Absolut-Betriebsspannung von 18 V sind beispielsweise folgende Kombinationen für U+ und U_ zulässig: U+ = +18 V. U_ = 0 V; oder U+ = +12 V, U_ = -6 V; oder auch U+ = 9 V, U_ = -9 V und so weiter.

Die Steuersignale müssen im allgemeinen CMOS-Pegel aufweisen. Eine Eingangsspannung weist L- Potential auf, wenn sie kleiner als 1/3 • Ub ist; ist sie größer als 2/3 • Ub, wird sie als H-Potential gewertet. Der ‘verbotene Bereich’ der Eingangsspannung überstreicht das mittlere Spannungsdrittel.

Unter der allgemeinen Bezeichnung 74 HC 4000 werden die Bausteine der 4000-Reihe auch in der schnelleren HC-Ausführung angeboten. Die positive Betriebsspannung der HC-Typen beträgt maximal 6 V. Folglich sind HC-Bausteine relativ einfach an TTL-Pegel anzupassen; zudem arbeiten sie auch bei einer Betriebsspannung in Höhe von 5 V sehr schnell.

Neuere, weiterentwickelte EAS hingegen können zumeist durch Spannungen sowohl mit TTL- als auch mit CMOS-Pegeln angesteuert werden. Dieses Faktum vereinfacht die Schaltungsauslegung, wenn beispielsweise der digitale Teil einer komplexen Schaltung wie üblich mit einer Spannung von 5 V, der analoge Teil dagegen mit 12V (meistens 9V...15V) oder sogar mit einer zusätzlichen negativen Spannung gespeist wird. Leider kann man bei den Bezeichnungen der EAS-Typen neueren Datums nicht wie bei den 4000-CMOS-Schaltern von einer Reihe sprechen - zu unterschiedlich sind die Namensgebungen der verschiedenen Hersteller.

Einfache Ein-, Aus- und Umschalter dieser Gruppe arbeiten häufig nur unidirektional, das heißt, die Signal-Ein- und -Ausgänge sind für den betreffenden Baustein festgelegt und können nicht ausgetauscht werde. Im Gegensatz dazu können Stufenschalter - auch als Multiplexer bezeichnet - nahezu immer in beiden Signalrichtungen betrieben werden, also auch als Demultiplexer. In Multiplexern wird von mehreren Eingangssignal-Leitungen eine ausgewählt und zum Ausgang durchgeschaltet, bei Demultiplexern wird ein Eingangssignal auf jeweils eine von mehreren Ausgangs-Leitungen geschaltet.

An dieser Stelle ein genereller Hinweis: Die Steuereingänge aller EAS müssen stets an definiertem Potential liegen - bleiben sie offen, stellt sich ein unbestimmbarer Zustand der Schaltstrecke ein, was erhebliche Fehlfunktionen verursachen kann.

 

Die wichtigsten Analogschalter 

Die Tabellen 1...3 enthalten eine Übersicht über die gebräuchlichsten elektronischen Analogschalter; deren Anschlußbelegung ist in den Bildern 1...27 wiedergegeben. Die Auswahl erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit, noch ist sie mit einer qualitativen Wertung verbunden. Trotzdem kann die Übersicht dem Schaltungsentwickler nützliche Hinweise geben. Für genauere Informationen sollte man in jedem Fall die Datenblätter der Hersteller zu Rate ziehen.

 

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Tabelle 1. Elektronische Analogschalter der 4000- und der 74 HC 4000-Reihe.

 

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Tabelle 2. Ein-, Aus- und Umschalter neueren Datums.

 

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Tabelle 3. Multiplexer und Demultiplexer.

 

Es ist schier unmöglich, eine Funktionsbeschreibung aller aufgelisteten Analogschalter zu geben. Stellvertretend folgen nunmehr die Kurzbeschreibungen der von verschiedenen Herstellern produzierten EAS der 4000-Reihe. Sie gelten im Prinzip auch für neuere, funktionsgleiche Typen; eventuell abweichende Betriebs- und Steuerspannungswerte sowie Anschlußbelegungen sind bei der Schaltungsentwicklung selbstverständlich zu berücksichtigen.

Der Baustein 4066 (Bild 1) enthält vier elektronische Schalter, die immer dann einschalten, wenn der zugehörige Steuereingang H-Pegel führt. Liegt er an L-Potential, ist der jeweilige Schalter gesperrt. Als Vorläufertyp des 4066 ist der Baustein 4016 anzusehen, für den zwar die gleiche Pinbelegung gilt, der jedoch einen höheren Einschaltwiderstand aufweist.

 

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Bild 1. Vier einpolige Einschalter.

 

Beim Schaltkreis 4053 handelt es sich um einen Baustein mit drei elektronischen Umschaltern. Bild 2 zeigt die Ruhestellung der drei Schalter. Ein am jeweiligen Steuereingang anliegendes Signal mit H-Pegel schaltet den zugehörigen Schalter um; beispielsweise wird dann Pin 15 von Pin 1 (Ruhe) nach Pin 2 (Arbeit) umgeschaltet. Wird der zusätzliche Inhibit-Eingang (Pin 6) auf H-Potential gelegt, sind alle Schalter unterbrochen. Mit einer gegen Masse negativen Hilfsspannung U_ an Pin 7 können auch Signale mit negativen Spannungsanteilen (zum Beispiel massesymmetrische Signale) umgeschaltet werden. Sind keine negativen Signalspannungen zu erwarten, wird der Anschluß U_ an Massepotential gelegt.

 

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Bild 2. Drei einpolige Umschalter.

 

In Bild 3 ist das Pinout des achtstufigen Umschalters 4051 wiedergegeben. Die Stellung des elektronischen Stufenschalters wird durch die an den Adreß-Eingängen A2...A0 (Pin 9... 11) anliegenden Pegel bestimmt. Die Anschlüsse Inhibit (Pin 6) und U_ haben die bereits oben beschriebenen Funktionen.

 

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Bild 3. Stufenschalter 1 x 8.

 

Beide Teilschalter des zweifachen Vierstufen-Umschalters 4052 (Bild 4) werden gemeinsam durch ein 2-Bit-Adreß-Signal an A0 (Pin 10) und A1 (Pin 9) angesteuert. Auch hier sind die Anschlüsse Inhibit (Pin 6) und U_ mit bereits bekannter Funktion vorhanden.

 

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Bild 4. Stufenschalter 2x4.

 

Der 16 stufige elektronische Umschalter 4067 befindet sich in einem 24poligen Gehäuse (Bild 5). Die 16 möglichen Schaltstellungen werden durch eine vierstellige Binärzahl in positiver Logik an den Adreß-Eingängen A0...A3 (Pin 10, 11, 13, 14) angewählt. Im übrigen verhält sich dieser Baustein wie der 4051, jedoch ohne den Hilfsspannungsanschluß U_.

 

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Bild 5. Stufenschalter 1 x 16.

 

Zwei achtstufige Umschalter beinhaltet der Baustein 4097 (Bild 6). Auch dieser EAS befindet sich in einem 24 poligen Gehäuse. Die acht Schaltstufen werden durch eine dreistellige Binärzahl in positiver Logik an den Adreß-Eingängen A0...A2 (Pin 10, 11, 14) angewählt. Die sonstigen Eigenschaften ähneln denen des Bausteins 4052, allerdings ohne U_-Anschluß.

 

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Bild 6. Stufenschalter 2 x 8.

 

Die Bilder 7...21 zeigen die Anschlußbelegungen einiger neuerer Analogschalter mit Ein-, Aus- und Umschaltfunktionen, die Bilder 22...27 einige Multiplexer und Demultiplexer (Stufenschalter). Die wichtigsten Daten dieser Bausteine sind in Tabelle 2 und Tabelle 3 aufgelistet.

 

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Analogschalter als Universalgatter

Die elektronischen Ein- und Umschalter 4066 und 4053 lassen sich zu verschiedenen Gatterfunktionen beschalten. Da es sich in diesem Fall allerdings um verdrahtete Gatter handelt, werden zusätzliche Pull-up- oder Pull-down-Widerstände benötigt. Hier einige Beispiele:

 

Inverter: A wird L, wenn E=H, und umgekehrt (Bild 28);

 

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Bild 28. Analogschalter als Inverter.

 

AND-Gatter mit zwei Eingängen: A wird nur dann H, wenn E1 und E2=H (Bild 29);

 

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Bild 29. Analogschalter als AND-Gatter mit zwei Eingängen.

 

NAND-Gatter mit zwei Eingängen: A wird nur dann L, wenn E1 und E2=H (Bild 30);

 

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Bild 30. Analogschalter als NAND-Gatter mit zwei Eingängen.

 

AND-Gatter mit vier Eingängen: A wird nur dann H, wenn alle E=H (Bild 31);

 

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Bild 31. Analogschalter als AND-Gatter mit vier Eingängen.

 

NAND-Gatter mit vier Eingängen: A wird nur dann L, wenn alle E=H (Bild 32);

 

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Bild 32. Analogschalter als NAND-Gatter mit vier Eingängen.

 

OR-Gatter mit vier Eingängen: A wird nur dann L, wenn alle E=L (Bild 33);

 

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Bild 33. Analogschalter als OR-Gatter mit vier Eingängen.

 

NOR-Gatter mit vier Eingängen: A wird nur dann H, wenn alle E=L (Bild 34);

 

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Bild 34. Analogschalter als NOR-Gatter mit vier Eingängen.

 

Kombiniertes NAND- und OR-Gatter: A1 wird nur dann L, wenn E1 und E2=H; A2 wird nur dann L, wenn E3 und E4=L (Bild 35);

 

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Bild 35. Analogschalter als NAND- und OR-Gatter mit jeweils zwei Eingängen.