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Der Laborchef untersucht NF Verstärker genauer denn je

Seit Jahr und Tag sehnen sich seriöse HiFi-Tester nach hieb- und stichfesten Messungen, aus denen sich ablesen lässt, wie sich Verstärker und Boxen im Zusammenspiel verhalten. Was die simple, maximal verzerrungsarm zu erzeugende Lautstärke angeht, gibt das Leistungs- und Bedarfsprofil ausreichend Auskunft. Doch Pegel ist wie die praktischen Hörtests zeigen - längst nicht alles. Um schwarz auf weiß zu erfahren, ob die Komponenten sich auch klanglich vertragen, mussten noch weitere Messungen her. Dabei kann stereoplay nach gut einem Vierteljahrhundert Testerfahrung davon ausgehen, dass sich Verstärker mit einem harmonischen Oberwellenspektrum - egal ob insgesamt größer oder kleiner - günstig verhalten. Der dynamische Klirrverlauf bei unterschiedlichen Pegeln ließ noch tiefer blicken. Der einzige Nachteil: Diese Messungen gab es der Übersichtlichkeit halber bis dato nur bei einem konstanten Lastwiderstand. Nun besitzen Lautsprecher - selbst impedanzkorrigierte - je nach Frequenz unterschiedliche Widerstandswerte. Salopp gesagt: Sie wackeln wie Kuhschwänze hin und her.

Dabei richten Tester ihr Augenmerk meist auf den unteren Wert, der bis 2 Ohm hinab und bei Elektrostaten noch tiefer reicht. Der springende Punkt für den Verstärker ist nun nicht nur, dass er hohe Ströme abliefern muss. Er sollte - bei einem entsprechend anderen Ton - damit rechnen, dass die Impedanz auf das zigfache, ja bis zu 100 Ohm hochschnellt. Das heißt: Der Verstärker sollte sich bei minimalem wie bei sehr hohem Stromfluss möglichst gleich- artig benehmen. Sprich: Er darf sich den Wechsel bei seinem Verzerrungsverhalten nicht anmerken lassen. De facto fällt ihm das schwer - denken wir doch nur an einen üblichen Gegentakttransistorverstärker, der den Buhestrombereich immer wieder verlassen und neu aufsuchen muss. Gegentakt-Röhren haben es schon leichter, da eine Seite nicht ganz auf Null geht, sondern stets bei einem Mindeststrom bleibt. Eine wirklich saubere Lösung verspricht jedoch nur - bei Halbieitern wie bei Röhren - der Class-A-Betrieb mit sehr hohem Ruhestrom. Um derlei Eigenschaften zu ergründen, kontrolliert das Burosch NF-Labor das Klirrverhalten bei variabler Frequenz nicht nur an 4 Ohm, sondern ab sofort im ganzen Hörbereich bei den verschiedensten Lastimpedanzen von 2 bis 32 Ohm. Die neuen, reale Boxen besser simulierenden Messungen zeigten tatsächlich überraschend große Unterschiede.

Bei der Interpretation der Messdiagramme gilt es aber, sich neu zu orientieren! im Gegensatz zur gewohnten Klirranalyse stellt die x-Achse nicht mehr die Leistungs-, sondern die Frequenzveränderung dar. Die einzelnen Oberwellen (k2 bis kö, schwarz, rot, grün und blau) bilden im Idealfall waagrechte Linien, bleiben also konstant. Prompt wurde im Lager der vermeintlich schwer zu über- führenden Transistorverstärker ein Sünder erwischt (Diagramme auf der rechten Seite, erste Spalte). Wie man sieht, verändern sich die Veriäufe der einzelnen Oberwellen ie nach Last beträchtlich. So zeigen etwa die Linien bei 2 und bei 32 Ohm wenig Gemeinsamkeiten. Kaum vorstellbar, dass sich das Ohr, das Orientierung suchen muss, um das Klang- geschehen sinnvoll zu analysieren, sich darauf ordentlich einstellen kann. An entsprechend kritischen Boxen liefert dieser Amp also mit Sicherheit wenig Detail- und Bauminformationen ab. Als Test-Erstlinge untersuchte stereoplay genau die Röhren- Amps dieses Spezials und auch den Pi 2 von Electrocompaniet (Seite 66). Letzterer wusste die Ehre der Transistor-Amps zu retten. Das wieselschnelle Nordlicht zeitigte nicht nur niedrige, sondern über alle Frequenzen weitgehend konstante Verläufe. Nur die dritte Harmonische braucht sich bei 2 und 4 Ohm ein wenig auf.

Der Pi 2 kann also gemäß dieser Messung den unterschiedlichsten Boxen als sehr neutrale Kraftquelle dienen. Hoppla, sieht das Diagramm des kleinen Röhren-Amps von Audreal nicht schrecklich aus? Nein, tut es nicht - es gibt hier zwar gewisse Wackligkeiten zu beklagen, die Harmonischen- Abstufung bleibt aber immer günstig, was das Gehör dankend quittiert. Bei zwei Ohm erscheinen die Verläufe über alle Frequenzen hinweg sogar gerader, allerdings leidet jetzt die harmonische Abstufung etwas. Dennoch keimt nun der Argwohn, dass auch diese Untersuchung - so wie alle anderen Lehrbuchmessungen auf dieser Weit - die Vorteile von Röhren nicht ausreichend würdigt. Der Simply italy von Unison räumte diesen Verdacht gründlich aus. Bei exakt richtiger Abstufung erscheinen die Verläufe der Harmonischen - bis auf wahrlich unbedeutende Abweichungen - wie klangfreundliche Striche in der musikalischen Landschaft.

 

Transistorverstärker
Namenlos
  Transistorverstärker
Electrocompanpiet
  Röhrenverstärker
Audreal
  Röhrenverstärker
Unison
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Der Klirr des Beispiel-Transistorverstärkers steigt zu hohen Frequenzen an, was er in diesem Diagramm aber bitte nicht soll (ganz oben, an 2 Ohm Last). An 32 Ohm scheint die Weit schon eher in Ordnung, aber: Die dritte Harmonische wechselt hier von Werte. An realen Boxen verhält sich der Amp entsprechend durcheinander - auf dem Papier_ und sicher auch für das Gehör.   Dem Pl 2 von Electrocompaniet werden allenfalls sehr geringe Lastwiderstände gefährlich. Das 2-0hm-Diagramm zeigt einen nicht ganz ebenen Verlauf der dritten Harmonischen (rote Kurve). An höheren Impedanzen und von 32 Ohm verhält er sich aber wie ein Musterknabe. Ein solcher bleibt er - weitgehend - auch an realen Lautsprechern.   Bei 2 Ohm Last verlaufen die Oberwellen bis in höhere Mitten hinein gleichmäßig. An 32 Ohm erscheint die Geschichte jedoch relativ wellig. Die Gegenkopplung sorgt beim MT 1 dafür, dass die Verzerrungen im empfindlichen Hörbereich relativ gering gleichen sich die Verhältnisse glücklicherweise aus. Bei vertretbarem Wackeln gibt es stets günstige Klirrabstufungen.   Der Unison Simply italy tritt hier beispielhaft an allen betrachteten Lastwiderständen auf. Mit Bravour, denn er liefert gerade Verläufe ab - außer im Bass bei 32 Ohm, was sicher unauffällig bleibt. An realen Boxen verhält er sich auch perfekt (nächste liege Harmonische unangenehme Oberwellen höherer Ordnung verdecken, ermutigt zu weiterer Forschung.