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Die Digitalisierung der Medienwelt vollzieht sich in schnellen Schritten: Es gibt eine Vielzahl digitaler Fernseh- und Radioprogramme über Satellit (DVB-S), beinahe flächendeckend via Kabel (DVB-C) und auch das moderne Antennenfernsehen (DVB-T) ist eine vor allem kostengünstige Variante des digitalen TV-Empfangs. 

Neben dem in der Unterhaltungselektronik ganz allgemein vorherrschenden Trend zur Digitalisierung sprechen durchaus handfeste Gründe für den Umstieg von Analog auf Digital: Zum einen ist der analoge TV-Empfang nur selten unter Idealbedingungen realisierbar. Während auf der einen Seite Hindernisse zwischen Sender und Empfänger häufig keinen ordentlichen Empfang ermöglichen, sorgen selbst bei freier Sicht gerade im Sommer Überreichweiten anderer Sender für Interferenzen. Sofern man nicht in einem Grenzgebiet wohnt, wird man außerdem via Antenne meist mit gerade einmal drei Programmen vorlieb nehmen müssen, was neben der Frequenzknappheit auch mit den hohen Kosten zu tun hat, die die privaten TV-Sender zunehmend nicht mehr bereit sind, zu zahlen. Denn diese haben im Gegensatz zu ARD und ZDF keinen Auftrag zur Grundversorgung, der mit aus Gebührengeldern finanzierten kilowattstarken Sendern erfüllt werden kann, sondern möchten natürlich in erster Linie Gewinne erwirtschaften. Da die Kosten für die terrestrische Ausstrahlung pro Zuschauer weitaus höher liegen als via Satellit, wo mit einem einzigen Transponder ganz Europa abgedeckt werden kann, ziehen sich die Privatsender zunehmend aus der terrestrischen Übertragung zurück. Denn der Ende der achtziger Jahre vor allem durch das ASTRA-System ausgelöste Boom des Satelliten-TV hat den normalen Antennenempfang inzwischen nahezu bedeutungslos werden lassen. 

Mit dem terrestrischen Digitalfernsehen DVB-T ändern sich die Voraussetzungen: DVB steht hierbei für "Digital Video Broadcasting" und das T für "terrestrial", also die Ausstrahlung über erdgebundene Sendestationen. Die DVB-Technik ist nicht ganz neu, denn sie ist bereits der Standard für Digital-TV über Kabel und Satellit. Die Video und Audio-Signale werden nach dem auch bei der DVD eingesetzten MPEG2-Standard komprimiert. Dadurch reduziert sich die erforderliche Datenmenge und es lassen sich anstelle nur eines analogen TV-Programms auf einem Kanal mehrere digitale Programme ausstrahlen. Hierbei wird auch nicht mehr jedes Programm auf einer eigenen Frequenz ausgestrahlt, sondern mehrere Programme digital komprimiert und über ein "Playout-Center" in einem Multiplex-Bitstream ausgestrahlt. Die nutzbare Datenrate pro TV-Kanal liegt hier abzüglich mitgesendeter Fehlerkorrekturdaten in der Regel bei 14.75 Mbps. Der DVB-Empfänger zieht sich dann aus dem Multiplex-Signal die Informationen über die im Signal enthaltenen Programme und sucht sich das gewünschte wieder heraus, um dieses zu decodieren. In der bisherigen Übertragungspraxis sieht es so aus, dass pro Kanal meist vier Programme übertragen werden. Es können aber nicht nur Videodaten, sondern auch reine Audiosignale und Datendienste übertragen werden. 

DVB-T wurde gegenüber DVB-S (Satellit) und DVB-C (Kabel) noch weiter verfeinert. Denn während beim Empfang über Kabel und Satellit meist ein recht sauberes Signal am Receiver anliegt, wird das terrestrische Signal auf seinem Verbreitungsweg vielfach durch Interferenzen oder Reflexionen gestört, die zu "Geisterbildern" führen. Um diesen Problemen Herr zu werden, wird bei DVB-T das optimierte Übertragungsverfahren COFDM (Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex) eingesetzt. Dieses verteilt die Dateninformationen auf viele dicht nebeneinanderliegende Trägerfrequenzen, so dass bei Störungen auf einer Frequenz der Großteil der Informationen erhalten bleibt. Außerdem sorgt eine mitgesendete Fehlerkorrektur dafür, dass Signalstörungen bis zu einem gewissen Maße ausgeglichen werden können. Während beim herkömmlichen analogen Fernsehen sich auf der gleichen Frequenz ausgestrahlte Programme störten, selbst wenn auf diesen das gleiche Programm ausgesendet wird, so ist DVB-T für den Gleichwellenbetrieb ausgelegt. Dies bedeutet, dass das identische Signal von verschiedenen Sendern auf der gleichen Frequenz gesendet und vom Empfänger ausgewertet werden kann und so schlechte Empfangsbedingungen ausgeglichen werden können.

Die Optimierungen für DVB-T sorgen nicht nur dafür, dass DVB-T im Idealfall selbst mit einer ganz normalen Stabantenne zu empfangen ist, ohne dass die Qualität darunter leidet, was bei terrestrischem Analog-Empfang nur unter extrem günstigen Empfangsbedingungen möglich war. Quasi als Nebeneffekt ergibt sich daraus auch die Möglichkeit, DVB-T selbst mobil und bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn empfangen zu können. Neben dem Empfang von DVB-T im Auto oder der Bahn sind auch portable LCD-Fernseher und Notebooks mit DVB-T-Empfängern inzwischen weit verbreitet. Sogar DVB-T mit dem Handy ist bereits realisiert und funktioniert problemlos. Ein Grund für die einfache Realisierung: Bei DVB-T kann  die Sendeleistung im Vergleich zum Analog-TV deutlich reduziert werden. Das bedeutet allerdings auch, dass im Zweifelsfall der Empfang über Ländergrenzen hinweg nicht mehr in dem Umfang möglich ist wie beim analogen Fernsehen.

Die derzeitigen Planungen in Deutschland sehen gemäß der 1997 von Bund und Landesregierungen gestarteten "Initiative Digitaler Rundfunk" so aus, dass spätestens bis zum Jahre 2010 die digitale TV-Ausstrahlung komplett das analoge Fernsehen ablösen soll. Auch wenn in Werbebroschüren gerne von "digitaler Qualität" fabuliert wird, so bedeutet DVB zunächst nicht unbedingt eine bessere Qualität gegenüber dem Analog-Fernsehen. Denn im Gegensatz zu den USA, wo aufgrund politischer Vorgaben der Umstieg vom analogen NTSC auf das digitale ATSC gleichzeitig auch die Möglichkeit von HDTV, also höheren Auflösungen als die herkömmlichen 480 Zeilen bei NTSC vorsieht und neben z.B. 720 oder 1080 Zeilen sogar progressive Darstellung möglich ist, hat es die Politik in Deutschland versäumt, solche Vorgaben zu machen und befindet sich damit auch im Einklang mit dem Großteil der TV-Sender, für die technische Innovationen vor allem Investitionen bedeuten, die niemand bereit ist, zu tätigen.

DVB in Europa bedeutet also zunächst einmal Fernsehen in herkömmlicher PAL-Auflösung mit 576 Zeilen, wobei hier zumindest die Option auf Digital-Ton im Dolby Digital 5.1-Format gegeben ist. Außerdem ermöglicht es die Digitaltechnik, TV-Programme im anamorphen 16:9-Format auszustrahlen. Damit lässt sich sogar das Problem bei Filmen sehr einfach beheben, die im TV gerade bei den Privatsendern häufig nur im beschnittenen Pan & Scan-Format ausgestrahlt werden. Solche Filme könnten theoretisch im korrekten 16:9-Format ausgestrahlt werden, welches sich dann auf einem 16:9-Fernseher nutzen lässt, gleichzeitig wäre aber niemand gezwungen, auf einem 4:3-Gerät die fälschlicherweise gerne als "schwarze Balken" bezeichneten Ränder des 16:9-Bildes sehen zu müssen, da ein DVB-Receiver ebenso wie ein DVD- oder Blu-ray-Player auch die Möglichkeit gibt, dass Bild auf das Anzeigegerät anzupassen. Wer sein Gerät auf 4:3 einstellt, wird dann auch nur einen Ausschnitt des Bildes im 4:3-Format sehen.

Die Digitaltechnik hat den Vorteil, dass im Gegensatz zum Analog-Empfang Rauschen und Interferenzen im Bild nicht zu bemerken sind. Es gibt aber auch Nachteile: So ist die Qualität des Bildes abhängig von der Kompressionsrate und der Qualität des auf der Senderseite verwendeten Encoders. So war es bei DVB-T zu beobachten, dass die Sender die Digitaltechnik primär dazu nutzen, möglichst viele Programme auf einem Kanal unterbringen zu können und dabei teilweise mit sehr niedrigen Bitraten arbeiten, die im Ergebnis ein unscharfes und von Kompressionsartefakten gekennzeichnetes Bild zur Folge haben, welches von der Qualität unter dem Niveau des herkömmlichen Analog-TV liegt. Mittlerweile jedoch liegt die Qualität des DVB-T-Bildes in vielen Fällen auf einem akzeptablen Niveau.
Mittlerweile haben sich digitale DVB-T-Empfangseinheiten bei stationären wie auch bei mobilen Systemen auf breiter Front durchgesetzt.