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Leseprobe 11: Praxis der modernen Fernsehtechnik

Von der Bildröhre zum OLED-TV – so einfach könnte man es ausdrücken: die Geschichte des Fernsehens beziehungsweise der Medientechnik im Allgemeinen. Denn Fernsehen ist spätestens mit dem Millennium nicht mehr nur die protzige Mattscheibe in der alten Schrankwand „Eiche rustikal“. Elegante XXL-Displays mit präziser Nanotechnologie – von superschlank bis kurvenreich – schmücken heute nicht nur moderne Wohnzimmer. Im 21. Jahrhundert können wir Fernsehen jederzeit und überall empfangen - mit nativer UHD/4K-Auflösung, brillanten Farben und einem nie da gewesenen Kontrast, stationär oder mobil, vom Smartphone bis zum Beamer.

Mobiles Fernsehen

Die Welt wird immer mobiler. Das Fernsehen auch. Heute gibt es nicht nur den Kaffee zum Mitnehmen, sondern quasi auch TV to go. Die Idee selbst ist nicht neu, jedoch haben die mobilen Geräte der neuen Generation kaum noch etwas mit ihren Vorvätern zu tun. Was in den 1960ern beispielsweise mit dem „Mikro-TV“ der Firma Sony als absolute Neuheit und genialer Durchbruch im Fernsehmarkt gefeiert wurde, kann heute nur noch belächelt werden.

Abbildung 164: TV5-303 der Firma Sony (www.4k-entertainment.de)

 

Das Modell Micro TV 5-303 M war stolze 200 x 110 x 180 Millimeter groß und galt seinerzeit als der kleinste und leichteste Fernseher der Welt (Abbildung 164).

Wie die portablen TV-Geräte des 20. Jahrhunderts landeten auch bestimmte Übertragungstechnologien in der Besenkammer. DVB-H konnte sich nicht durchsetzen, ebenso wenig andere Methoden des sogenannten Handy-TV. Es brauchte seine Zeit, bis das Internet als Übertragungsmedium beziehungsweise Bindeglied zwischen Broadcast und Endgerät vollumfänglich genutzt werden konnte. Denn vor allem die hohen Datenmengen, die für das mobile Fernsehen erforderlich sind, waren das berühmte Haar in der Suppe. Mit dem Breitbandausbau und der Entwicklung neuer Technologien gelingt es zunehmend besser, den Ansprüchen der Konsumenten in Bezug auf das Format „TV to go“ zu genügen. Und die Varianten sind zahlreich.

Im Zeitalter des Highspeed-Surfing und Datenraten von mehr als 100 Mbit pro Sekunde ist das mobile Fernsehen praktisch auf jedem Endgerät möglich. Ob auf dem Smartphone, Tablet, Laptop oder TV-Geräten in Fahrzeugen - die angebotenen Produkte auf der Empfängerseite sind kaum noch zu überschauen. Nicht weniger verwirrend ist die Anbieterseite für mobiles Fernsehen. Während sich mehr und mehr IP-basierte Standards durchsetzen, kamen zu Beginn des mobilen Fernsehens vor allem vier Varianten auf den Markt, die die seinerzeit technisch möglichen Übertragungswege nutzten. Das war zum einen die satellitengestützte DVB-SH-Spezifikation (eine Weiterentwicklung des DVB-H-Standards), Adapter für den mobilen Empfang via Antenne (DVB-T), Digital Multimedia Broadcasting (DMB) sowie das sogenannte Handy-TV auf UMTS-Basis.

Der überwiegende Teil dieser mobilen TV-Varianten ist im Laufe der Zeit wieder vom Markt verschwunden. Im Allgemeinen konnte eine kommerzielle Nutzung nicht realisiert werden, weil die Technologien nicht vollständig ausgereift waren und somit kaum den qualitativen Ansprüchen der Verbraucher genügen konnten. Denn jeder technische Fortschritt kostet in erster Linie Geld. Forschung und Entwicklung muss bezahlt werden. Jede Einführung eines neuen innovativen Produktportfolios ist mit sehr hohen Investitionen verbunden. Insofern ist die Verknüpfung von Sprachdiensten, Internet und Fernsehen zu einer multimedialen Plattform (Triple-Play) nicht nur in punkto Entertainment eine großartige Entwicklung für die Verbraucher. Vielmehr entwickelt sich hier ein boomender Wirtschaftszweig, der in der Politik und den weltweiten Parlamenten mittlerweile als ein herausragender Standort- und Wettbewerbsfaktor gesehen wird.

Abbildung 165: Triple-Play-Plattformen (Jahresbericht 2005 Bundesnetzagentur)

 

So erließ beispielsweise die Europäische Kommission am 18. Juli 2007 eine Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „Stärkung des Binnenmarkts für das Mobilfernsehen“ KOM(2007)-409. In dieser Mitteilung heißt es unter anderem: „Diese Plattform verbindet die große Dynamik der Telekommunikation mit der Vielfalt der audiovisuellen Medien. […] Das Mobilfernsehen gilt als ein unverzichtbarer innovativer Dienst. […] Diese Plattform könnte bis 2015 ein Marktvolumen von etwa 20 Milliarden Euro darstellen und 200-500 Millionen Verbraucher weltweit erreichen.“ In ihrer Mitteilung ruft die Kommission alle Mitgliedsstaaten sowie die Beteiligten der Branche auf, ihre Anstrengungen zu koordinieren und die Einführung des Mobilfernsehens in ganz Europa zu beschleunigen, damit Europa seinen Wettbewerbsvorsprung auf dem Mobilfunk nicht einbüßt (http://eur-lex.europa.eu).

Und der Markt wächst weltweit jedes Jahr ein bisschen mehr. Allein die steigende Anzahl der SIM-Kartenbestände belegt, dass jeder Deutsche nicht mehr nur ein Handy, Smartphone oder internetfähiges Tablet besitzt. Nach Angaben der Bundesnetzagentur und aus den Geschäftsberichten der Netzbetreiber ergeben sich für den Zeitraum 2002 bis 2014 folgende Werte (Abbildung 166).

Abbildung 166: Anzahl der Teilnehmer nach Netzen von 2002 bis 2014 (Stand: 2015, BNetzA)

 

Nach Angaben des Branchenverbandes BITKOM gab jeder Einwohner der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2014 durchschnittlich 1.476 Euro für Digitaltechnik (Computer, Smartphones etc.) aus. Damit liegt Deutschland auf Platz 4 der Weltrangliste. Spitzenreiter ist die USA mit einem Pro-Kopf-Ausgabenvolumen von 2.468 Euro, gefolgt von Großbritannien (1912 Euro) und Japan (1510 Euro).

In diesem Zusammenhang äußerte der BITKOM-Präsident Dieter Kempf: „Die Pro-Kopf-Ausgaben sind ein wichtiger Indikator für die Digitalisierung der Wirtschaft. Wenn wir zu den führenden Nationen aufschließen wollen, dann müssen wir unser Investitionstempo deutlich erhöhen“. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Neben den USA ist vor allem Asien nicht erst seit der neuen Samsung-Generation ein starker Mitbewerber auf dem Digitalmarkt. Das Wirtschaftswachstum im asiatischen Raum zieht eine hohe Nachfrage mit sich. Im CeBIT-Partnerland China wachsen die Pro-Kopf-Ausgaben in diesem Sektor derzeit um 15 Prozent (Deutschland: 1 Prozent). Im Vergleich zum deutschen Digitalmarkt ist allein der chinesische Telekommunikationsmarkt mit 247 Milliarden Euro mehr als viermal so groß. Denn in den bevölkerungsreichen Ländern spielen nicht die Ausgaben des Einzelnen eine Rolle, sondern die Masse. Wenn in Indien jeder Einwohner durchschnittlich 43 Euro für PC, Tablet und Smartphone ausgibt, ist das in der Summe eine gigantische Zahl.

Die Zeiten, in denen ein Fernsehapparat zwanzig Jahre im heimischen Wohnzimmer verstaubte, sind längst Geschichte. Heute hat jedes Kind ein eigenes Smartphone. Tablet-PCs und Laptops sind meistens sogar mehrfach in jedem Haushalt zu finden – genauso wie Smart-TVs und Spielekonsolen. Informationen und Entertainment sind heute jederzeit und überall verfügbar. Wie alles begann und welche Möglichkeiten aktuelle Technologien und Standards bieten, wird in den nächsten Kapiteln ausführlich erläutert.